Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Naziaufmarsch in Lüneburg

Nachdem ein zentraler Naziaufmarsch am 2. Juni 2007 in Schwerin verboten blieb, wichen Neonazis auf andere Städte aus und führten in mindestens 14 Orten spontane kleinere Aufmärsche durch. So versammelten sich in Berlin, Boizenburg, Dortmund, Greifswald, Güstrow, Lauenburg, Lübbenau, Lübz, Lüneburg, Osterburg, Potsdam, Wismar und Wittenberge Anhänger der NPD und parteiungebundener Kameradschaften. Im niedersächsischen Lüneburg fand der größte dieser Aufmärsche statt.

Gegen 9.30 Uhr versammelten sich ungefähr 350 Neonazis am Rande der Innenstadt und begannen ihren Aufmarsch. Die Neonazis reisten mit einigen PKW und mindestens fünf Reisebussen an. Die Busse kamen aus den Landkreisen Eichsfeld, Nienburg, Osnabrück, Osterholz-Scharmbeck und Cloppenburg. Die Neonazis kamen aus verschiedenen niedersächsischen Orten, aus Hamburg, Bremen sowie aus Hessen, Thüringen und aus Nordrhein-Westfalen.

Unter den Teilnehmern befanden sich Ulrich Eigenfeld (Landesvorsitzender der NPD Niedersachsen), Andreas Molau (stellv. Landesvorsitzender der NPD Niedersachsen), Horst Görmann (Landesvorsitzender der NPD Bremen), Thorsten Heise (Mitglied im Bundesvorstand der NPD), Adolf Dammann (NPD Funktionär aus Buxtehude), Dieter Riefling (Führungsaktivist der niedersächsischen Kameradschaftsszene) und die Hamburger Neonazis Christian Worch, Steffen Holthusen und Alexander Hohensee.

Angeführt wurde der Aufmarsch von einem Transparent mit der Aufschrift: „Macht Europas Völker frei, von der Zinsensklaverei“. Hinter dieser Parole in eindeutiger Anlehnung an die Terminologie der Nationalsozialisten, steckt die antisemitische Verschwörungstheorie, das Jüdinnen und Juden die Menschheit ausbeuten würden. Auch zeigt sich in dieser Parole die vermeintliche Kapitalismuskritik der extremen Rechten. Stark verkürzt kritisieren Neonazis nur die Geldzirkulation und das Zinswesen im Kapitalismus. Von einer Kritik an Ausbeutungsverhältnissen oder weltweiten sozialen Ungerechtigkeiten fehlt dabei jede Spur. Wenn Neonazis den Kapitalismus kritisieren, dann meinen sie zumeist US-Amerikanische Firmen, die sie mit einer imaginären „jüdischen Weltverschwörung“ gleichsetzen.

Zwei Augenzeugen berichteten unabhängig voneinander, dass während dem Naziaufzug auch mehrmals „Juden raus“ gebrüllt wurde.

Zunächst konnten die Neonazis ohne Polizeibegleitung in die Innenstadt gelangen. Nach einiger Zeit erschienen zunächst zwei, dann fünf Polizeibeamte, die den Naziaufzug begleiteten.

Während des Aufmarschs bedrohten die Neonazis immer wieder PassantInnen, die am Rand des Aufmarsches ihre Ablehnung den Neonazis gegenüber zeigten. Massiv wurden PassantInnen am Wegesrand angepöbelt und von den Neonazis fotografiert. Mindestens zwei Menschen wurden auch geschlagen.

Die Polizisten beschränkten ihre Arbeit darauf, dass sie Menschen aufforderten, die Neonazis nicht durch Rufe und Pfiffe „zu provozieren“. Einer jungen Frau wurde ihr Fotoapparat von der Polizei abgenommen, nachdem sie den Naziaufmarsch fotografierte.

Neben vielen Passanten, die immer wieder gegen die Neonazis protestierten, stellte sich auch der Lüneburger Oberbürgermeister, Ulrich Mädge, den Neonazis in den Weg und forderte sie auf, die Stadt umgehend zu verlassen.

Am Lüneburger Kurpark beendeten die Neonazis ihren Aufmarsch. Dort angekommen sangen sie noch gemeinsam das „Deutschland-Lied“ und die ersten Neonazis verließen den Ort. Zu diesem Zeitpunkt eintreffende Polizeieinheiten aus Hamburg, Göppingen und der Bundespolizei konnten noch ungefähr 100 Neonazis festsetzten. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen, wobei drei Polizeibeamte leicht verletzt wurden. Die noch anwesenden Neonazis wurden dann vor Ort erkennungsdienstlich erfasst und dann gemeinsam in Gewahrsam genommen. Am Abend wurden sie einem Haftrichter vorgeführt und später aus der Gefangenensammelstelle entlassen.

Zwei oder drei Busse mit Neonazis, die aus Lüneburg abreisten, wurden in der Nähe von Soltau von der Polizei gestoppt. Sämtliche Businsassen wurden überprüft.

Einige Neonazis in PKWs, der Lautsprecherwagen aus Verden und der Reisebus aus Osnabrück verließen ungehindert Lüneburg. Sie fuhren nach Boizenburg, um dort einen weiteren Aufmarsch durchzuführen.

Am Aufmarsch in Lüneburg nahmen keine örtlichen Neonazis teil. Lüneburger Neonazis fuhren zu einem anderen spontanen Naziaufmarsch nach Lauenburg (Schleswig-Holstein). An diesem beteiligten sich auch Mitglieder der NPD-Landtagsfraktion aus Mecklenburg-Vorpommern.

Teile der NPD-Landtagsfraktion aus Mecklenburg-Vorpommern trafen sich am Nachmittag noch in Neuhaus/Elbe. Dieser Ort liegt im Landkreis Lüneburg, an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern.

Da Lüneburger AntifaschistInnen an diesem Vormittag in Schwerin und auf dem Weg nach Rostock waren, gelang es nicht, rechtzeitig auf diesen Naziaufmarsch zu reagieren und ihn zu stoppen. Eine antifaschistische Mobilisierung nach Lüneburg begann erst, nachdem die Neonazis in Lüneburg auftauchten. Die ersten Antifa-Gruppen, die aus Schwerin und Rostock kamen, erreichten Lüneburg erst, als die Neonazis von der Polizei in Gewahrsam genommen wurden. Nachdem die Naziaufmärsche in Boizenburg, Lauenburg und Lüneburg schon beendet waren, wurden anreisende Antifa-Gruppen nach Rostock umgeleitet.

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