Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien

Antifaschistische Proteste gegen die reaktionären Kundgebungen von Verschwörungsideolog*innen, Impfgegner*innen, rechten Esoteriker*innen und Rechten in Lüneburg:

Samstag, 23. Mai 2020 – 15 Uhr – Clamartpark – Lüneburg

Die Veranstaltung der Corona-Leugner*innen wurde erneut von ihnen verlegt. Alle Veranstaltungen sollen nun im Clamartpark stattfinden.

Antifa-Infotelefon: 0172 – 4152311

Seit einigen gehen auch in Lüneburg verschiedenste Menschen gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße.

Diese beziehen sich auf Proteste in Berlin, die seit Anfang April von der sogenannten “Koordinationsstelle Demokratische Widerstand“ initiiert wurden und sich aktuell als Partei „Widerstand 2020“ versuchen zu formieren. An den beiden vergangenen Samstagen kamen mal knapp 40 und rund 60 Menschen in Lüneburg zusammen. Die Protestierenden inszenieren sich als Verfechter*innen von Grundrechten und Freiheit. Sie behaupten, das Grundgesetz sei in Deutschland außer Kraft gesetzt und fantasieren die Entstehung einer Diktatur herbei, gegen die ihr Widerstand rechtmäßig sei.

Auf diesen Versammlungen werden Verschwörungsmythen geteilt, die gesundheitliche Gefahr von Covid-19 verharmlost und geleugnet, dass die daran über 8000 Menschen in Deutschland verstorbenen sind. Die Mindestabstände und das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes werden bewusst nicht eingehalten. Es werden irreführende und unwissenschaftliche Vermutungen und Verdächtigungen über Ursache, Verlauf und Auswirkungen der Pandemie verbreitet. Die Schwere der Krankheit wird erheblich verharmlost oder ganz geleugnet. Wo ein solidarisches Verhalten im Umgang gegen Ausbreitung von Covid-19 Grundvoraussetzung ist, um das Sterben von Menschen zu vermeiden, werden ausgrenzende Schuldzuweisungen für die Abkehr von genau diesem Verhalten instrumentalisiert. Dazu werden namentliche Sündenböcke gesucht, die angeblich die Auswirkungen der Pandemie zu ihren Gunsten ausnutzen würden. Diese irrationalen Fantasien und Verschwörungsmythen knüpfen teilweise an die älteste Verschwörungstheorie an: Den Antisemitismus. Schon seit Jahrhunderten wurden Jüd*innen für angebliche Brunnenvergiftungen, Kindesmorde und mittelalterliche Seuchen verantwortlich gemacht. Machen die einen Corona-Leugner*innen heute Bill Gates oder Gorges Soros für die Pandemie verantwortlich, so relativieren andere den Holocaust, wenn sie sich mit gelbem Stern auf der Brust als angeblich verfolgte „Impfgegner*innen“ inszenieren. Diese antisemitisch konnotierten Verschwörungsmythen bieten viele Anknüpfungspunkte für extrem Rechte. So wurden bei den Veranstaltungen in Lüneburg auch sog. Reichsbürger festgestellt und am 16. Mai 2020 besuchte eine völkische Familie aus der Nordheide, die zu den extrem rechten „Völkischen Siedlern“ gerechnet wird, die Veranstaltung im Clamartpark.

Von der Mitte bis nach rechtsaußen

Die Organisator*innen der Kundgebungen und sogenannter Spaziergänge in den verschiedensten Städten kommen zumeist aus der Mitte der Gesellschaft Nach Außen versuchen diese die Versammlungen als Sammelbewegung darzustellen und möglichst viele politischen Spektren mitzunehmen. Bekannte linke, antifaschistische Akteur*innen oder Gruppen reihen sich aus guten Gründen – nämlich der im Vordergrund stehenden Verschwörungsideologien – nicht in diese Bewegung ein. Insofern ist es eine Unterstellung, wenn einige Medien und Politiker*innen behaupten, hier würden sich die „Extreme von rechts und links“ treffen. Vielmehr entsteht hier eine gefährliche Gemengelage aus extrem rechten Einflüsterern, verunsicherten Kleinbürger*innen und in ihrer wirtschaftlichen Existenz vermeintlich oder tatsächlich gefährdeten Selbstständigen. In den internen Telegram-Gruppen der Corona-Leugner*innen werden nicht nur Beiträge zum angeblichen Impfzwang, gegen Bill Gates und die „Eliten“ geteilt, sondern auch weitgehend unwidersprochen bekannte rechte bis extrem rechte Medien und Videos zum Teil einschlägiger Holocaustleugner verbreitet. Rechte Erzählungen von der „Lügenpresse“ und „Antifa-Terroristen“ schaffen gegenüber antifaschistischem Gegenprotest und Medienvertreter*innen eine aggressive Stimmung, die schon etliche Male zu Gewalt führte.

Sollte es unter den Protestierenden Menschen geben, denen diese offene Flanke zu Antisemitismus und Neofaschismus nicht bewusst war, so ist es spätestens jetzt Zeit für sie sich eindeutig davon zu distanzieren und entsprechende Akteure im Vorfeld auszuschließen.

Haltet Abstand zu rechten Ideologien!

Wer sich für Grundrechte und Freiheit einsetzt, sollte dies nicht nur für sich selbst tun, sondern für alle Menschen und das nicht nur im Zuge von vorübergehenden Einschränkungen während einer Pandemie. Wer Rechte nur für sich selbst einfordert und dabei auch noch außer Acht lässt, dass die Maßnahmen viele andere Menschen schützen sollen, und wer diese Maßnahmen aufgrund von Mutmaßungen gezielt missachtet, handelt egoistisch und unsolidarisch gegenüber besonders gefährdeten Menschen und jenen, die nicht die Möglichkeit haben sich selbst zu schützen und auch gegenüber denjenigen, die tagtäglich versuchen Andere zu schützen, zu unterstützen, gegen die Ausbreitung der Pandemie ihre „Köpfe hinhalten“ und dadurch teilweise massiven physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind.

Die Veranstaltungen, die vorgeben sich für die Grundrechte einzutreten und bei denen Maßnahmen zum Schutz aller Menschen nicht umgesetzt werden, können schlussendlich dazu führen, dass die Infektionszahlen wieder steigen und die Maßnahmen wieder verschärft werden. Die Art und Weise dieser Veranstaltungen versprechen nicht nur ihrem selbstformulierten Ziel, sonder sind letztendlich reaktionär. Es kommt ein Sozialdarwinismus zu Tage, nachdem nur die Starken und Gesunden überleben und Menschen, die krank, arm oder keine Schutzmöglichkeiten haben, auf der Strecke bleiben. Den Toten und Kranken wird eine eigene Schuld zugeschrieben und ihr Leid sei ihr Schicksal. Diese menschenverachtende Sicht der Dinge erinnert stark an nationalsozialistische Ideologie und erklärt sich durch eine Form der Esoterik, die von vielen Teilnehmer*innen der Veranstaltungen geteilt wird.

Mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit muss verantwortungsbewusst umgegangen werden, um nicht das eigene Recht zulasten anderer durchzusetzen, ob nun in Bezug auf die Schutzmaßnahmen oder in Bezug auf problematische und gefährliche Inhalte.

Verschwörungsideologien sind gefährlich!

Eine ernst zu nehmende Distanzierung von Verschwörungsmythen und extrem rechten Inhalten und Personen konnten wir in Lüneburg bisher nicht wahrnehmen. Verschwörungsmythen sind wie extrem rechte Ideologien gesellschaftlich verankert und kein Problem von vermeintlich „kranken“ Menschen oder politischen Rändern. Historisch agierte der Nationalsozialismus mit genau solchen Mythen, um die Zustimmung in der Bevölkerung auszubauen. Nur eine gesellschaftlichen Auseinandersetzung und Aufklärung kann diese stoppen. Was wir brauchen ist ein gemeinsames Einstehen für eine solidarische Verteilung von Krisenlasten und einem klaren Nein zu menschenverachtenden, ausgrenzenden Ideologien.

Demonstrationen auf denen Verschwörungsmythen und (extrem) rechte Ideologien und Personen Bestandteil der Kritik sind, verbreiten die gesellschaftliche Akzeptanz für Antisemitismus und Rassismus. Außerdem werden damit auch Taten im Sinne dieser menschenverachtenden Welterklärungen gerechtfertigt. Verschwörungswahn, rassistische und antisemitische Ideologie bildeten auch Antrieb und Ausgangspunkt rechtsterroristischen Täter in Halle und Hanau. Verschwörungsideologien sind keine legitimen politische Erklärungsmuster, sondern höchst gefährlich. Wir rufen daher dazu auf sich von diesen und anderen rechten Ideologien zu distanzieren und ihnen zu widersprechen.

Wir werden die kommenden verschwörungsideologischen Versammlungen in Lüneburg weiterhin kritisch begleiten.

In der weltweiten Gesundheitskatastrophe durch Covid-19 hilft nur Solidarität statt Ausgrenzung!

Gegen jeden Antisemitismus!Solidarität – Freiheitsrechte – Klare Kante gegen Rechts!

Samstag, 23. Mai 2020

15 Uhr

Clamartpark

Lüneburg

Für den 30. Mai 2020 planen die reaktionären „Grundrechteverteidiger*innen“, Verschwörungsgläubigen und Corona-Leugner*innen zudem eine Demonstration in Lüneburg. Eine antifaschistische Gegenveranstaltung wurde angemeldet. Weitere Informationen folgen.