Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Zum Brandanschlag am 3. November in Wittorf:

Am frühen Morgen des 3. November 2023 brannte ein ehemaliges Alten- und Pflegeheim in Wittorf bei Lüneburg ab. In dem Gebäude sollte eine Unterkunft für geflüchtete Menschen eingerichtet werden. Das Feuer wurde in einem Wintergarten, in dem schon Möbel für die Unterkunft eingelagert waren, gelegt. Das gesamte Gebäude wurde vollständig zerstört, nachdem sich das Feuer ausbreitete. Durch die Brandlegung wurde auch ein benachbartes Haus beschädigt und die Nachbarinnen gefährdet. Erst wenige Tage zuvor informierte die Samtgemeinde Bardowick die Öffentlichkeit darüber, dass in Wittorf die Unterkunft eingerichtet werden soll. Auf einer Anwohner*innenversammlung äußerte sich erheblicher Unmut über diese Entscheidung. Kurz nachdem mit Umbaumaßnahmen im Gebäude begonnen und die ersten Einrichtungsgegenstände eingelagert wurden, brannte das Gebäude. Wir müssen hier von einem rassistisch motivierten Brandanschlag ausgehen.



Der Brandanschlag in Wittorf ist kein Zufall, sondern ein Ergebnis der aktuellen rassistischen Stimmungsmache und reiht sich ein in eine Welle rassistischer Gewalt in Deutschland. Er ist eine Folge anhaltender Ablehnung und Verfolgung von geflüchteten Menschen und findet in Zeiten zunehmender Entrechtung von hier lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte statt. Die herrschende Debatte über Migration und Flucht ist geprägt von immer schlimmeren Vorstellungen von Abschottung, Abschiebung und Grenzziehung. Der Wunsch nach einer Festung Europa bedeutet ein weiteres Massensterben auf den Fluchtrouten und rassistischen Anschlägen im Inland. Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen öffentlicher Stimmung und Taten.

Es nützt nichts rassistische Angriffe zu verurteilen, wenn permanent eine rassistische Stimmung herrscht. Und genau diese herrscht gerade im Land. Sie erinnert sehr an den Anfang der 1990er Jahre als Politik und Teile der Medien Frontalangriffe gegen geflüchtete Menschen und das Asylrecht gestartet haben. Neben unzähligen Anschlägen auf Unterkünfte gipfelte dies in den tödlichen Brandanschlägen z.B. in Mölln und Solingen. Statt jedoch im Anschluss an die rassistischen Pogrome und Morde Verantwortung zu übernehmen, wurde mit einer 2/3 Mehrheit im Parlament das Asylrecht in Deutschland massiv beschnitten.
Eine ähnliche Situation sehen wir heute. Es vergeht kein Tag, an dem nicht gegen geflüchtete Menschen gehetzt wird. Jeden Tag kommen neue Vorschläge, um Migration zu verhindern und Abschiebungen zu forcieren. Jeden Tag wird über die sogenannte „irreguläre und illegale“ Migration gehetzt. Es findet mittlerweile ein Überbietungswettbewerb von Forderungen nach Gesetzesverschärfungen und weiterer Unmenschlichkeiten statt.
Statt sich der rassistischen und faschistischen Politik der AfD und anderer rechter Gruppierungen entschieden entgegen zu stellen werden deren Forderungen inzwischen eins zu eins übernommen. Mit einem konstruierten Notstandsszenario wird in ganz Europa eine Hysterie vor Menschen auf der Flucht herbeigehetzt. Gesetzesänderungen im EU-Parlament und der weitere Abbau des Asylrechts durch die bundesdeutsche Ampelregierung fördern Rassismus, Gewalt und Hetze gegen geflüchtete Menschen. Auch diese Politik verschafft der AfD und ihren Anhänger*innen den Rückenwind.
Statt den populistischen Forderungen nach Sachleistungen, Arbeitspflicht und verschärften Abschiebungen müssen Menschen die Möglichkeit haben, hier anzukommen und ihr Leben unter würdigen Umständen neu zu gestalten. Flucht, Migration und Einwanderung muss immer möglich sein. Statt an immer neuen Gesetzen, die Einwanderung illegalisieren sollen, zu arbeiten, muss es die Möglichkeit geben auch in europäische Länder einreisen zu können.

Während rechte Hetze und rassistische Mobilmachung in Teilen der gesellschaftlichen Mitte allgegenwärtig sind, bestehen bereits seit Jahrzehnten organisierte Nazistrukturen im direkten regionalen Umfeld

Schaltzentrale des organisierten Neofaschismus in der Samtgemeinde Bardowick:

In Handorf, einem Nachbarort von Wittorf, befindet sich eine Schaltzentrale des organisierten Neofaschismus in Norddeutschland. Ende der 1980er Jahre zog Manfred Börm nach seiner Haftentlassung nach Handorf und eröffnete dort ein kleines Baugeschäft. Börm ist seit Jahrzehnten Aktivist und Funktionär in neofaschistischen Organisationen. So war er in den mittlerweile verbotenen Gruppierungen „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), „Wiking Jugend“ und „Heimattreue Deutsche Jugend“ aktiv. Seine Hauptaufgabe bestand in der Schulung und Ausbildung von jungen Neonazis, denen er nicht nur ein rassistisches Weltbild vermittelt, sondern versucht sie auch zu „politischen Soldaten“ auszubilden. Er ist langjähriger Funktionär der NPD gewesen, die heute unter dem Namen „Die Heimat“ auftritt. Für diese umbenannte Organisation ist Börm zur Zeit kommissarischer Landesvorsitzender in Niedersachsen. Sein Hauptbetätigungsfeld ist heute das Nazizentrum in Eschede. Der sog. „Heimathof“ ist nicht nur Treff- und Veranstaltungsort für Neonazis aus ganz Norddeutschland. Dort finden auch Ausbildungsveranstaltung statt, wobei Manfred Börm als Idealbild des Überzeugungstäters und „politischen Kämpfers“ gilt. Börm war in den 1970ern Mitglied in der „Wehrsportgruppe Werwolf“ und wurde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Sein Betrieb und Wohnhaus in Handorf ist seit Jahren Treffpunkt für die NPD und Neonazistrukturen. Seit 2016 ist Manfred Börm gewähltes Ratsmitglied im Gemeinderat Handorf und im Samtgemeinderat von Bardowick.

Nazis, Rassistinnen, Asylstrateg*innen das Handwerk legen!

Der Brandanschlag in Wittorf und der rasante Anstieg von rassistisch motivierter Gewalt und Hetze verlangt nach einer eindeutigen Antwort. Wir verurteilen die rassistische Stimmungsmache, die sowohl Brand stiftet als auch Brandbeschleuniger ist. Wir alle sind gefragt gegen diese Stimmung vorzugehen und die Mordbrenner zu stoppen!
Wir wollen den rassistischen Verhältnissen, den Brandstiftern und jenen, die durch hetzende Brandreden zu solchen Taten aufstacheln, entschlossen entgegentreten und unsere Solidarität mit den Menschen, die hierher geflüchtet sind und Schutz suchen, zeigen. Lasst uns so Schulter an Schulter jedem Rassismus entgegenstehen und für eine Gesellschaft, in der sich alle sicher fühlen können, kämpfen!

Unsere Alternative heißt Solidarität – Für das gute Leben für Alle!


Pressespiegel: