Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Droht Eschede ein weiteres Nazitreffen?

Innerhalb neofaschistischer Strukturen wird aktuell eine Veranstaltung für den 14. Juni 2025 in Norddeutschland beworben. Unter dem Titel „Besuch im Norden“ wollen verschiedene Akteure aus der militanten neonazistischen Szene einen „schönen Tag mit uns und Kameraden“ verbringen. Als Zweck der Veranstaltung wird „kennenlernen,, quatschen, einkaufen und vernetzen“ angegeben.

Bei der Veranstaltung handelt es sich um ein Vernetzungstreffen von Neonazis, bei der es offensichtlich Kampfsportevents und Rechtsrock geben soll. Stetes Ziel solcher neofaschistischen Events ist es, die Szene zu vernetzen, extrem rechte Strukturen zu finanzieren und Nachwuchs über die Gewalt und Rechtsrock zu rekrutieren. Es steht zu befürchten, dass dies wieder in einem größeren europäischen Rahmen stattfinden wird.


Schon zu Pfingsten 2024 empfing die Partei „Die Heimat“ (ehemals NPD) und deren Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ rund 100 Neonazis zu einem Europakongress in Eschede. Neonazis aus Spanien, Frankreich, England, Ungarn, Serbien, Griechenland und Bulgarien waren zu diesem Treffen angereist. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch Personen, wie Alexander Deptolla und Patrick Schröder, die auch hinter der Veranstaltung am 14. Juni stecken könnten.

Extrem rechte Organisationen wie die Jungen Nationalisten oder Parteien wie die „Heimat“ oder der „Dritte Weg“ nutzen solche Veranstaltungen“ zur erlebnisorientierten Rekrutierung junger Leute. Für die Versände geht es auch um finanzielle Interessen.

Hinter der Einladung und dem Vernetzungstreffen stehen verschiedene Projekte, Initiativen und Geschäfte von Neonazis. So sind der „Kampf der Nibelungen“ (KdN), das „European Brotherhood“, „FSN TV“, „PC Records“, „Balaclava Graphics“ sowie „The Black Sun“ in der Werbung genannt.

„European Brotherhood“ ist ein Online-Versand für Bekleidung und Rechtsrock. Außerdem wird der eigene Name als Symbol auf verschiedenen Produkten vertrieben, welcher sich als Zusammenschluss europäischer Rassisten und Neonazis darstellen zu versucht. „European Brotherhood“ wird in verschiedenen europäischen Ländern vertrieben.

„PC-Records“ ist ein Onlinehandel und Musiklabel. Sitz des gewerblichen Unternehmen ist Chemnitz, wo auch ein Ladengeschäft betrieben wird. „PC-Records“ ist fest in neofaschistische Strukturen eingebunden und der ehemalige Besitzer gehörte zu den Unterstützern der rassistischen Mördern des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU).

„FSN TV“ ist ein Online-TV und Internetradio-Format, welches heute unter dem Namen „FSN. The Revolution“ tätig ist. Hinter „FSN TV“ steckt Patrick Schröder. Ein seit einigen Jahren bekannter Neonazi, der auch schon mal im Vorstand der bayrischen NPD saß. Mit seinem Format „FSN“ (kurz für „Frei, Sozial, National“) betreibt er seit Jahren neofaschistische Propaganda. Schröder baute zudem das Kleidungslabel „Ansgar Aryan“ auf. Dem Mulitasker Schröder wird in weiten Teilen neonazistischer Zusammenhänge vorgeworfen, seine geschäftlichen Unternehmungen in erster Linie aus persönlichen und finanziellen Gründen zu machen.
In den vergangenen zwei Jahren propagierte Patrick Schröder die Gründung von „Active Clubs“ in Deutschland. Active Clubs (AC) stellen ein neues Phänomen in der neonazistischen Szene dar. Darunter versteht sich der Versuch, mit einem Netzwerk an dezentralen Gruppen – sog. Active Clubs – die extrem rechte Szene zu beleben und vor allem mit (Kampf-)Sportangeboten neue Personen zu werben und zu binden. Das Konzept der Active Clubs ist auf Robert Rundo zurückzuführen, einen US-amerikanischen Neonazi. Rundo sieht die Chance auf Rekrutierungserfolge einer neonazistischen Bewegung nicht im Politischen, sondern im Sportlichen. Die Idee: Junge Männer werden über gemeinsame sportliche Freizeitaktivitäten an die Ideologie herangeführt. Die Clubs sollen Teil einer „White Supremacy“ Bewegung sein, die weniger explizit neonazistisch auftritt und stärker an eine Jugendkultur erinnert.
Bislang sind die „Active Clubs“ in Deutschland eine kleine, überschaubare Struktur. Was auf den ersten Blick vielleicht als Sportgruppe wirkt, ist aber der Versuch gewaltorientierte Rechte zu trainieren und auf Überfälle und Straßenkampf vorzubereiten und ein Netzwerk von kampf- und gewaltbereiten Rechten aufzubauen.

„THE BLACK SUN“ ist ein neuer Vertrieb von T-Shirts, hinter dem Patrick Schröder steht und für ihn eine weitere Einnahmequelle darstellt.

„Kampf der Nibelungen“ (KdN) ist ein neonazistisches Kampfsport-Event. Gegründet wurde es in Dortmund. Bekanntester Protagonist ist der aus Dortmund stammende Neonazi Alexander Deptolla, der heute in Halberstadt in Sachsen-Anhalt lebt. Die Kampfsportveranstaltungen fanden in verschiedenen europäischen Ländern statt und dienen auch der Vernetzung neofaschistischer Strukturen in Europa. Bei solchen Veranstaltungen geht es zum einen um das Erlernen von Kampfsportvarianten wie Mixed Martial Arts (MMA) und um junge Rechte praktisch auf den erklärten „Kampf um die Straße“ vorzubereiten und die Fähigkeiten gezielt, beispielsweise gegen „politische Gegner“, einzusetzen. Zum anderen wird hierbei auch „Kampfsport“ ideologisch aufgeladen. So dienen solche Veranstaltungen auch dazu einen völkisch-rassistisch aufgeladenen Körperkult und soldatische Männlichkeitsbilder zu inszenieren. „Kampfsport“ bei extremen Rechten bedeutet immer auch die Ausbildung von Aktivistinnen und Aktivisten zu „Kämpfern“ für die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus. Mit dem „Kampf der Nibelungen“ arbeiten Neonazis an einer Professionalisierung von Gewalt. Die große Gefahr, die daraus resultiert, ist, dass diese Gewalt nicht nur im Ring stattfindet, sondern auch als politische Gewalt auf die Straße getragen wird.

„Balaclava Graphics“ ist eine kleine Gruppe aus Bautzen, die sich als Medienkollektiv versteht. „Balaclava Graphics“ präsentiert sich zumeist martialisch in den Sozialen Medien und produziert Bilder für die rechte Szene auf Hochglanz. Rechte Aktionen und Demonstrationen werden dort als „Lifestyle“-Erlebnis dargestellt. In den Beiträgen finden sich immer wieder neofaschistische Ideologiefragmente und eine Glorifizierung des Nationalsozialismus. Die Gruppe um Bejamin Moses versucht sich als rechte Influencer darzustellen und ist fest in bundesweite neofaschistische Strukturen eingebunden.

Das Nazizentrum in Eschede bietet sich für solche neonazistischen Szene-Events an. Der „Heimathof“ wird von der Partei „Heimat“ betrieben, der früheren NPD. Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage, Größe und Besitzverhältnisse ist es ein möglicher Ort für die Veranstaltung am 14.06.2025.
Seit über nun über 30 Jahren finden auf dem Gelände in Eschede Nazitreffen statt. Sei es Sonnwendfeiern, sog. Erntefeste, Lager völkischer Jugendorganisationen, Landesparteitage der NPD, bzw. heute von „Heimat“, Wehrsportübungen, Rechtsrockkonzerte oder Treffen zu verschiedensten Anlässen. An keinem anderen Ort in Norddeutschland fanden so viele Veranstaltungen der Neonaziszene statt wie in Eschede. Seit 2019 wird das Gelände nach und nach umgebaut und soll als Treffpunkt für nationalsozialistischer Gruppierungen in Norddeutschland dienen. Heute werden die Veranstaltungen zumeist von den „Jungen Nationalisten“ ausgerichtet.
Für die Nazis um Manfred Börm aus Handorf ist das Gelände von zentraler Bedeutung. Ist es nicht nur der letzte Ort in Niedersachsen wo sie sich überhaupt treffen können, sondern dient es vor allem als Ausbildungsstätte für junge Nazis. Hier sollen sie zu „politischen Soldaten“ geformt und eine kämpferische rechte Jugendbewegung aufgebaut werden. Mit den dort durchgeführten Übungen und Schulungen – die zumeist einen militärischen Charakter haben – werden junge Leute dazu befähigt, neue rechtsterroristische Gruppierungen zu bilden. In den vergangenen Jahren sind im Bundesgebiet verschiedenste solcher rechtsterroristischer Gruppen aufgeflogen, die sich auf einen sog. „Tag X“ vorbereitet haben, Waffen und Sprengstoff gelagert haben und Anschläge auf Politiker*innen, politische Gegner oder als fremd erklärte Menschen geplant hatten.
Auf dem Hof – damals gehörte er noch Joachim Nahtz – fanden schon 1992 Wehrsportübungen statt. Auch die Person von Manfred Börm zeigt den gefährlichen Hintergrund auf. Manfred Börm ist heute Kopf der niedersächsischen Gliederung der Partei „Die Heimat“ und Schlüsselfigur im hiesigem Nazizentrum. Er hat eine sehr lange Laufbahn in der organisierten Nazibewegung in der Bundesrepublik. Er stammt aus der verbotenen „Wiking Jugend“. In den 1970iger Jahren bewegte er sich in den Reihen der offen nationalsozialistisch auftretenden Gruppierungen um Michael Kühnen und war Mitglied in der rechtsterroristischen „Wehrsportgruppe Werwolf“. 1979 wurde er im sog. „Bückeburg Prozess“ zu einer siebenjährigen Haftstrafe wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Nach seiner Haftentlassung war er bis zum Verbot in der „Wiking Jugend“ aktiv. Danach dann in der NPD und bis zum Verbot auch in der „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Manfred Börm ist zeitlebens mit der Ausbildung von jungen Rechten beschäftigt. Mit dem „Heimathof“ in Eschede hat er dafür einen fast idealen Ort gefunden.

Die Einladung zur Veranstaltung am 14. Juni 2025 lässt keine Zweifel offen, um wen und was es dabei geht. Mit dem Slogan „Support your local nazi dealer“ offenbaren die Veranstaltenden ihre menschenverachtenden Geisteshaltung. Nationalsozialisten wollen hier junge Leute rekrutieren, ihre Ideologie verbreiten, Strukturen vernetzen und damit auch noch Geld verdienen.

Die Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen wird die weiteren Entwicklungen zum geplanten Nazitreffen im Auge behalten und ruft dazu auf, die Veranstaltung am 14. Juni 2025 – wo auch immer sie stattfinden soll – nicht ungestört ablaufen zu lassen.

Uelzen, 11. Mai 2025

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen


Werbung der veranstaltenden Nazis:


19.05.2025:

Der Landkreis Celle versucht die Nutzung der Innenräume und des Aussengeländes für Veranstaltungen einzuschränken. Es soll eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen worden sein. Eine rechtliche Auseinandersetzung scheint hier anzustehen. Ob dies eine aufschiebende Wirkung hat, ist nicht bekannt. Veranstaltungen im Nazizentrum sind damit aber erschwert.

24./25.05. 2025:

Auf dem Gelände des „Heimathofs“ versammeln sich mehrere Personen zu einem „Arbeitseinsatz“. Es werden u.a. einige neue Fenster eingesetzt. Ziel dieser regelmäßigen Treffen ist die Instandhaltung und der weitere Ausbau des Nazizentrums in Eschede. Die dort arbeitenden – zumeist jungen – Personen müssen für diese Veranstaltungen auch noch einen Kostenbeitrag entrichten. Am Abend fand ein gemeinsamer Konsum von Alkohol statt.

26.05.2025: