Rassismus war der Wegbereiter der Morde in Norwegen
Am vergangenen Freitag wurden über 70 Menschen bei einem Bombenanschlag in Oslo und einem Massaker auf der Insel Utøya ermordet. Zunächst starben am Nachmittag mindestens acht Menschen durch eine detonierte Autobombe im Osloer Regierungsviertel. Kurze Zeit später wurden auf der Fjordinsel Utøya mindestens 68 Teilnehmer_innen eines sozialdemokratischen Jugendlagers getötet. Als Täter steht der Norweger Anders Behring Breivik fest. Das Geständnis und die bisher bekannten Einlassungen des Mörders zeigen ein Weltbild, das von Hass auf Muslime, Linke und Andersdenkende geprägt ist und das eine multikulturelle Gesellschaft als Feindbild ausmacht.
Breivik bewegte sich vor seinen menschenverachtenden Taten in einem Netzwerk von extremen Rechten, Islamhassern, Rassisten und anderen extremen Rechten. Von 1999 bis 2006 war er Mitglied in der nowegischen rechtspopulistischen „Fortschrittspartei“ und ihrer Jugendbewegung gewesen. Seit Jahren schreibt er in diversen rechten Internetblogs und Foren. U.a. auch im neonazistischen Internetforum „Nordisk“. Breivik sah sich ganz offenkundig als Teil einer internationalen Bewegung, als „Kreuzritter“ im Kampf gegen den „Multikulturalismus“ und „Marxismus“.
Rechtspopulistische und rassistische Parteien und Organisationen in Europa versuchen unter dem Deckmantel von Islamkritik, Integrations- und Meinungsfreiheitsdebatten, Frauen- und Bürger_innenrechten rassistische Ressentiments gesellschaftsfähig zu machen. Über die Konstruktion eines exklusiven „christlich-jüdischen Abendlandes“ sollen ganze Bevölkerungsteile ausgegrenzt werden. Der Islam wird als eine Art Vehikel benutzt, um soziale Ausgrenzung, Diskriminierung und Sicherheitswahn mit dem Grundrechteabbau zu legitimieren. In Deutschland sind dabei die selbsternannten Bürgerbewegungen „Pro Deutschland“, „Pax Europa“, einige Freie Wählervereinigungen, die Kleinstpartei „Die Freiheit“ oder rassistische Weblogs wie „PI-News“ zu nennen. Diese versuchen an Wahlerfolge von rechtspopulistischen, rassistischen oder offen faschistischen Parteien wie z.B. dem Vlaams Belang in Belgien, der Lega Nord in Italien, der FPÖ in Österreich, Front National in Frankreich, SVP in der Schweiz die PVV in Holland oder die norwegische „Fortschrittspartei“anzuknüpfen. Auch Thilo Sarrazins rassistische und sozialchauvinistische Thesen sind Ausdruck dieser Formierung extrem rechter Positionen in der Mitte der Gesellschaft.
Die diversen rechtspopulistischen Organisationen versuchen u.a. die „Entfremdung“ vieler Bürger_innen gegenüber dem existierenden Regierungs- und Parteiensystem, Sozialneid sowie Vorurteile und Ressentiments gegenüber Migrant_innen oder generell von Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, zu nutzen und zu verstärken. Dabei versuchen sie sich als Anwalt des „kleinen Mannes“ und im Gegensatz zur Elite darzustellen. Ängste vor einem drohenden sozialen Abstieg, einer angeblich permanenten Bedrohung durch Kriminalität oder „Terrorismus“, einer vermeintlichen Übervorteilung von und „Überfremdung“ durch Migrant_innen werden geschürt, um daraus Kapital zu schlagen. Sozioökonomische und politische Aspekte werden als kaum zu überwindende kulturelle Modelle verschleiert, Verursacher_innen von sozialen Problemen unterschlagen, um diese dafür den Betroffenen selbst zur Last zu legen und Menschen durch pauschale negative Zuschreibungen stigmatisiert, diskriminiert und kriminalisiert. Grundlage bildet die Ideologie von der Ungleichwertigkeit von Menschen, die zum Großteil als „naturbedingt“ und „unveränderbar“ dargestellt und meist mit Bezug auf Merkmale wie Kultur, Religion, sozialer Status, sexueller Identität etc. begründet wird. Feindbilder werden erschaffen und sollen dazu dienen, über die Abwertung und Ausgrenzung anderer Menschen und ganzer Gruppen eine vermeintliche Dominanz und eigene Anerkennung bzw. Aufwertung zu erreichen. Der antimuslimische Rassismus, den diese Organisationen dabei propagieren, findet dann auch konsequenterweise in Exzessen von Moscheeschändungen und tätlichen Übergriffen, die bis zum Mord reichen, seinen gewaltförmigen Ausdruck. In Norwegen ist die Saat des Rassismus aufgegangen.
Die Morde in Norwegen sind auch ein Ausdruck einer menschenverachtenden, faschistischen Ideologie, die in Deutschland von div. Nazigruppen, Rechtspopulisten oder der NPD vertreten wird. Rassistische Morde und andere neofaschistische Gewalttaten sind die Konsequenz dieser Ideologie, in der die soziale Gleichheit der Menschen verneint und in der den Menschen, die nicht in das Weltbild der Neonazis und Rassist_innen passen, dass Recht auf Leben nicht nur theoretisch aberkannt wird.
Die Haltung, die sich beim Attentäter ins Fanatische gesteigert hat und zu der grauenhaften Tat in Oslo und Utøya geführt hat, lässt sich jedoch nicht als die eines extrem rechten oder „verrückten“ Einzeltäters abtun. Der Bodensatz dafür wird durch Rechtspopulismus und Rassismus bereitet, der die Spaltung in der Gesellschaft immer weiter vorantreibt.
Unser tiefstes Beileid gehört den Hinterbliebenen der Mordanschläge in Norwegen. Wir bedauern ausdrücklich, dass sich auf so traurige Art und Weise bestätigt hat, wohin das Schüren von Hass, Ängsten und Vorurteilen, wie es Rechtspopulist_innen und Rassist_innen betreiben, am Ende führen kann. Wer einen „Kampf der Kulturen“ konstruiert und ausruft, um die Gesellschaft zu polarisieren, zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen, ist für die Opfer mit verantwortlich!
Wut und Trauer zu Widerstand!
· Schlagwörter: Anders Behring Breivi, Antifa, Norwegen, Rassismus, Utøya