Wie Neonazis sich auf bürgerlich trimmen
Die NPD tut unschuldig
„Klasse statt Masse“: Der NPD Bundesvorsitzende Udo Voigt benennt, wo ein Problem seiner Partei bei der Etablierung in der Mitte der Gesellschaft liegt: Beim Personal. Sie bräuchten „keine Kleiderfetischisten“, ermahnte er vor Jahren jene Kameraden, für die der Nationalsozialismus auch modische Inspiration ist. Der Wandel vom Bürgerschreck hin zum bürgerlich-biederen NPD-Repräsentanten fällt eben nicht allen Parteigängern leicht. Der Lüneburger Kreistagsabgeordnete Christian Berisha will nun diese persönliche Wandlung beschleunigen, um der NPD eine breitere Wählerschaft zu erschließen.
In einem „Leitfaden für NPD-Kommunalpolitiker und Mandatsträger bei der öffentlichen politischen Arbeit“ gibt Berisha Tipps – ganz offensichtlich mit Blick auf die niedersächsischen Kommunalwahl 011. Den Mitgliedern empfiehlt der „Leiter des Referats Kommunalpolitik“, nicht zu „radikal“ aufzutreten, um „bürgerliche Wähler“ zu erreichen. Vor allem Sprache und Kleidung seiner Kameraden machen ihm Sorgen: Er empfiehlt, „verständliches Deutsch“ zu sprechen, „Fremdwörter“ zu vermeiden und die Rechtschreibung zu beachten. „Szene-Sprache“ wie „BRD-System“ oder „Systempresse“ sollte in der Öffentlichkeit vermieden werden. „Radikaler Klartext“ dürfte nur vor der „eigenen gefestigten Anhängerschaft“ gesprochen werden.
Um seriös zu wirken, sollen die Kameraden auch ihr Äußeres ändern. „Szeneklamotten“ bitte nur bei „geschlossenen Veranstaltungen“ mit Gleichgesinnten, so Berisha. Er weiß auch, dass kurze Hosen einen „kleine Jungen-Effekt“ auslösen, graue Kleidung, helles Hemd „Unschuld“ und dunkle Kleidung, helles Hemd „Seriosität“ signalisieren. Tätowierungen müssten „anständig“ bedeckt werden.
Berisha lebt seine Vorschriften offenbar vor: „Das ist eins zu eins Herr Berisha, er selbst tritt genau so auf“, sagt das Grüne Kreistagsmitglied Martin Köne.
TAZ, 09.09.2010
· Schlagwörter: Christian Berisha