Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Naziflugblätter in Vögelsen

Neonazis verteilen in Vögelsen Flugblätter, in denen sie einen Lüneburger Antifaschisten als Gewalttäter diffamieren. Presserechtlich verantwortlich für das Flugblatt zeichnet Christian Worch aus Hamburg.

In der Nacht zum Donnerstag, 6. September 2007, sowie am frühen Abend des 6. September, verteilten Neonazis Flugblätter in Vögelsen. In diesen nehmen sie Bezug auf den Vorfall am 18. August, wo eine Gruppe von Vermummten ein Haus in Vögelsen mit wenigen Leuchtkugeln beschossen hatte, wo eine Geburtstagsfeier von verschiedenen Jugendlichen stattfand.

Die Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen distanzierte sich von diesem Vorfall. Die Erklärung und einige Zeitungsartikel dazu finden sich auf der Seite www.antifa-lg.de.

In dem jetzt verteilten Flugblatt stellen die Neonazis den Vorfall am 18. August stark übertreiben dar. Sie vergleichen die Situation mit der in Beirut oder Bagdad. Zu Hilfe kommt ihnen dabei die Berichterstattung in der Landeszeitung vom 20. August, die auch von „kriegsähnlichen Zuständen in Vögelsen“ sprach. Einen Tag später war dann dort von einem „Anschlag“ die Rede.

Im Flugblatt werden insgesamt drei Vorkommisse in Vögelsen genannt: Am 16. August sollen „drei sogenannte Antifaschisten“ über einen Jugendlichen hergefallen sein. Am 17. August soll dann der selbe Jugendliche von vier „vermummten und mit Ketten bewaffneten Männern“ überfallen worden sein. Und am 18. August dann der Vorfall bei der Geburtstagsfeier.

Die Situation am 16. August stellt sich allerdings völlig anders da. An diesem Abend waren drei AntifaschistInnen in Vögelsen dabei Naziaufkleber zu entfernen, als der Neonazi Christian Sternberg in Begleitung einer weiteren Person dort auftauchte. Die Neonazis verfolgten die drei AntifaschistInnen in einem PKW und lotsten drei weitere Neonazis dorthin. Einer der drei Neonazis versuchte die AntifaschistInnen anzugreifen. Bevor es zu einer Auseinandersetzung kam, verließen die drei AntifaschistInnen den Ort des Geschehens. Einen „Übergriff“ auf die Nazis hat es nicht gegeben und es wurde auch niemand verletzt.

Der beschriebene „Übergriff“ am 17. August ist bisher völlig unbekannt gewesen und entspringt wohl eher der Phantasie des Verfassers des Nazi-Flugblattes. Es ist auch nicht glaubhaft, dass vier vermummte Menschen durch einen Ort wie Vögelsen spazieren können, ohne das dies jemand bemerkt.

Mit ihrem Flugblatt wollen sich die Neonazis als vermeintliche Opfer darstellen und erfinden dazu Übergriffe von AntifaschistInnen. Während sie mit ihren Fingern auf vermeintliche „linke Gewalt“ zeigen, zielen sie darauf ab, von zahlreichen Gewalttaten und über hundert Morden seit 1989 durch Neonazis abzulenken.

Für die angeblichen „Übergriffe“ am 16. und 17. September machen sie Olaf Meyer, Sprecher der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen, verantwortlich. Mit dreisten Lügen versuchen Neonazis immer wieder die Realität zu verbiegen und AntifaschistInnen als Gewalttäter darzustellen.

Es ist nicht neu, dass Olaf Meyer dabei ins Visier genommen wird. Wie anschaulich in ihrem Flugblatt zu lesen ist, sehen sie in ihm den „Antifa-Anführer“. Auch wenn es solche Funktionen in Antifa-Zusammenhängen gar nicht gibt und hierarchische Strukturen Antifa-Gruppen fremd sind, konstruieren Neonazis immer wieder solche Bilder von AntifaschistInnen. So wird Olaf Meyer in verschiedenen Internetforen von Neonazis als „Antifakader“ bezeichnet.

Zum einen sollen so aktive AntifaschistInnen in der Öffentlichkeit diffamiert werden und zum anderen soll erreicht werden, dass Polizei und Justiz gegen bekannte AntifaschistInnen Ermittlungen aufnehmen. Das Ziel dabei ist nicht nur den Betroffenen das Leben so schwer wie möglich zu machen und antifaschistische Arbeit zu behindern, es geht dabei ganz gezielt Feindbilder aufzubauen.

Olaf Meyer wird seit Ende der 1980ziger Jahre von Nazis verfolgt und wurde immer wieder überfallen. In den 1990ziger Jahren wurde er dreimal von Neonazis überfallen, wobei diese mit Messern auf ihn einstachen. Daneben wurden Autos von ihm beschädigt, Scheiben eingeworfen, Häuserwände beschmiert und mehrmals wurde er brutal zusammengeschlagen.

Im Dezember 2005 wurde er von Neonazis angezeigt. Er soll mehrere PKW von Neonazis beschädigt haben. Dieses Verfahren wurde nach über einem Jahr, im April 2007 von der Staatsanwaltschaft eingestellt, da kein hinreichender Tatverdacht bestand. Wie im aktuellen Flugblatt soll Olaf Meyer in einer Gruppe von vermummten Personen erkannt worden sein. Die Aussagen der Neonazis widersprachen allerdings den Aussagen „neutraler“ Zeugen. Obwohl schon frühzeitig zu erkennen war, dass die Neonazis offensichtlich gelogen hatten, zog sich das Ermittlungsverfahren über ein Jahr fort.

In Vögelsen entwickelt sich seit einiger Zeit eine aktive Szene von jüngeren Neonazis und rechtsorientierten Jugendlichen. Seit Monaten tauchen dort regelmäßig Naziaufkleber in großer Stückzahl auf und es wurde wiederholt Propagandamaterial der NPD verteilt. Einige aus diesem Personenkreis nehmen regelmäßig an Veranstaltungen und Aufmärschen der NPD oder anderer Neonazigruppen teil.

Das der bekannte Neonaziaktivist Christian Worch aus Hamburg für das Flugblatt verantwortlich zeichnet, zeigt zum einen, in welchen Strukturen die Neonazis aus Vögelsen sich bewegen und zum anderen das sie in diesen Strukturen auch fest eingebunden sind.