Pretzell not welcome!
AfD-Veranstaltung an Leuphana Universität aufgrund massiver Proteste erfolgreich verhindert
Es kam, wie es angekündigt wurde: „Unterschiedliche Initiativen werden mit ihren Vorstellungen dafür sorgen, dass Pretzell nicht die Bühne bekommt, die er sich erhofft. Die AfD wird mit ihrer Veranstaltung scheitern.“
Am Abend des 4. Dezember 2015 konnte die AfD-Veranstaltung in der Leuphana Universität in Lüneburg erfolgreich verhindert werden. Rund 500 Menschen protestierten dort und letztendlich mussten die rund 20 Veranstaltungsbesucher*innen die Universität nach 30 Minuten wieder verlassen.
Ihre Veranstaltung musste die AfD sich erst gerichtlich erstreiten, nachdem die Universität einen Raumnutzungsvertrag zurückgezogen hatte. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes führte dann zu einem stärkeren Protest, da viele Student*innen der rechten Partei nicht „ihre Universität“ überlassen wollten.
Verschiedenste studentische Initiativen bereiteten Protestaktionen vor, eine Resolution des Senats der Universität machte die Ablehnung gegenüber der AfD-Veranstaltung deutlich, einen antifaschistischen Aufruf unterstützen 16 Initiativen, Parteien und Gewerkschaften und antifaschistische Gruppen riefen zur Blockade der Veranstaltung auf.
Am Abend prägte zunächst die Polizei den Hörsaalgang, als sie schon frühzeitig die Zugänge zu Hörsaal 3 abriegelten und den Hörsaalgang für einen Korridor teilten. Auch eine Musikanlage des AStA konnte nicht wie geplant aufgebaut und genutzt werden. Die Polizei vermutete, dass die AfD akustisch übertönt werden sollte und verlangte den Abbau der Anlage und dass ein Zugang zu Hörsaal 4 geschlossen werden sollte.
Ab 18 Uhr sammelten sich dann immer mehr Menschen im Hörssalgang und auf beiden Seiten der Polizeiabsperrungen bildeten sich Gruppen, die gegen die AfD protestieren wollten. Auf der Seite zur Bibliothek wurden ein Waffelstand und ein Soundsystem betrieben und es herrschte eine ausgelassene Stimmung.
Nachdem der Lüneburger Kreisvorsitzende der AfD, Ernst-August Röttger, und 5 weitere AfD´ler in der Universität auftauchten, begannen sich protestierende Menschen auch außerhalb des Hörsaalgangs zu versammeln, um die einzige Zugangstür für die Veranstaltungsbesucher*innen zu blockieren.
Als die wenigen Veranstaltungsbesucher*innen nach und nach erschienen, waren die drei möglichen Zugangswege zu Hörsaal 3 blockiert. Als Marcus Pretzell in Begleitung von Wilhelm von Gottberg aus Schnega an der Uni eintraf, mussten sie von der Polizei durch die Menschenmenge geleitet werden. Dabei kam es zu den ersten gewaltsamen Übergriffen seitens der Polizeibeamten. Mit Faust- und Knüppelschlägen bahnten sie den AfD-Funktionären den Zugang zur Eingangstür, wobei auch Pfefferspray eingesetzt wurde. Später wurden einzelne Veranstaltungsbesucher*innen von einem Trupp Polizisten zur Tür gebracht. Auch hierbei schlugen die Polizeibeamte immer wieder auf die protestieren Menschen ein oder traten sie auch. Da die blockierenden Menschen aber nicht den Eingangsbereich verließen und den Polizeimaßnahmen nicht wichen, versuchte die Polizei die letzten 7 Veranstaltungsbesucher*innen durch Notausgänge eines benachbarten Hörsaals und mehrere Umwege in Hörsaal 3 zu bringen. Vorher wurde versucht, eine Blockade im Hörsaalgang aufzulösen. Auch dort wurden protestierende Menschen geschlagen und getreten. Außerdem wurde Pfefferspray versprüht. Vor und im Hörsaalgang wurden mehrere Menschen durch die Polizeiübergriffe verletzt. Vor allem durch den Einsatz des Reizgases gab es Verletzungen an Augen und der Atemwege. Durch die Schläge gab es u.a. mehrere Verletzungen in Gesichtern und blutende Nasen.
Trotz alledem gingen die Proteste unvermindert weiter und verlagerten sich zusätzlich in den Außenbereich um den Hörsaal 3. Dort schlugen viele Menschen gegen die Scheiben des Hörsaals, so das im Hörsaal kaum ein Wort zu verstehen war. Hinzu kam, dass das Licht in Hörsaal 3 ausfiel und durch einen Feueralarm minutenlang die Sirenen in den Hörsälen heulten.
Kurze Zeit nachdem die AfD versuchte ihre Veranstaltung zu beginnen, strömten viele Menschen in den Hörsaal und machten dort lautstark ihren Protest deutlich. Mehrere Veranstaltungsbesucher*innen verließen den Hörsaal und die AfD beendete nach einer knappen halben Stunde ihre Veranstaltung.
Allerdings konnten die rund 20 Personen die Universität nicht verlassen, da sämtliche Wege blockiert waren und sich viele Menschen in Hörssal 3 versammelt hatten. Nun standen sie umringt von Polizeibeamte und lautstarken Protesten im Hörsaalgang. Nach über einer halben Stunde wurde ihnen dann ein Notausgang freigemacht und die AfD und ihre Besucher*innen konnten nur unter Polizeischutz die Universität verlassen.
Unter den Veranstaltungsbesucher*innen befanden sich auch Wolfgang Prax und Teja Lechel, die in den 1990er Jahren in der neofaschistischen DVU aktiv waren und später auch Veranstaltungen und Aufmärsche der NPD besuchten und sich am neofaschistischen „Sozialpatriotischen Bündnis“ beteiligten. Daneben fand sich auch Ottfried Wolter aus Neetze in der Universität ein, der sich am 20. Oktober 2007 unter den Besuchern eines geschichtsrevisionistischen Vortrags mit Gerd Schultze-Rhonhof in Lüneburg befand. Die damalige Veranstaltung des rechten „Förderkreises Ostpreußisches Jagdmuseum – Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung“ konnte durch antifaschistische Intervention verhindert werden.
Diese Besucher der Veranstaltung in der Universität zeigen erneut auf, dass sich die AfD und ihre Veranstaltungen zu einem Sammelbecken für Menschen aus unterschiedlichen rechten und neofaschistischen Strukturen entwickelt haben.
Die Veranstaltung der AfD dauerte keine 30 Minuten und es kamen nur rund 20 Besucher*innen. Nach wenigen Worten zur Begrüßung durch Ernst-August Röttger, wurde die Veranstaltung beendet. Marcus Pretzell kam auf Grund der Proteste nicht zu Wort.
In einigen Medienberichten wurde behauptet, dass „die Antifa“ die Polizei angegriffen hätte und das sich unter den protestierenden Menschen auch „Vermummte“ befunden hätten. Zum einen entspricht dies nicht der Wahrheit und zum anderen wird wie üblich versucht, erfolgreiche Mobilisierungen und Bündnisse gegen rechte Veranstaltungen in „gute“ und „böse“ Protestierende zu spalten. Vielmehr wird deutlich, dass die Polizei damit ihren Reizgaseinsatz im Hörsaalgang rechtfertigen will.
Ziel war es am 4. Dezember 2015 den Auftritt von Marcus Pretzell in der Lüneburger Universität zu verhindern. Hierfür haben viele unterschiedliche Menschen die Zugänge gemeinsam blockiert. Angriffe waren weder vorgesehen, noch haben sie stattgefunden.
Insgesamt war der 4. Dezember 2015 ein großer Erfolg für antifaschistische und demokratische Initiativen in Lüneburg. Gemeinsam konnten unterschiedliche Protestformen und Aktionen durchgeführt werden. Dies führte dazu, dass die Veranstaltung mit Marcus Pretzell beendet und die AfD aus der Universität vertrieben werden konnte. Gemeinsam wurde ein eindrucksvolles Zeichen gegen Rassismus und Nationalismus gesetzt und deutlich gemacht werden, dass die Universität in Lüneburg kein Ort ist, wo rechte Propaganda eine Bühne bekommt.
Seit April 2014 fanden 8 antifaschistische Kundgebungen gegen Veranstaltungen der AfD in Lüneburg statt. Kein öffentlich beworbenes Treffen fand ohne Proteste statt. An die Kampagne [Keine Ruhe für die AfD!] und den Erfolg vom 4. Dezember 2015 sollte angeknüpft werden und in Zukunft wiederholt werden. Die nächste AfD-Veranstaltung in Lüneburg wird aller Voraussicht nach nicht wieder in der Universität stattfinden. Wo auch immer die AfD sich dann versammeln sollte, dort wird dann der Ort sein, um wieder gemeinsam Rassismus, Nationalismus und Sozialchauvinismus zu blockieren. Dazu rufen wir hier schon einmal auf…
Lüneburg, 5. Dezember 2015
Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen
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