Solidarität hilft siegen!
Schluss mit der Verfolgung der kurdischen Freiheitsbewegung!
Am 12. Juni 2017 findet vor der 7. Strafkammer am Landgericht Lüneburg die Berufsverhandlung gegen einen kurdischen Aktivisten statt.
Ihm wird ein „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“ vorgeworfen. Er war im Januar 2016 Redner auf einer Veranstaltung in Hannover, an der auch ein Abgeordneter der HDP des türkischen Parlaments teilgenommen hat. Die Demokratische Partei der Völker (HDP) ist die größte demokratische Oppositionspartei der Türkei, die auch für die Rechte der Kurd*innen eintritt. Zur Zeit ist sie massiver Repressionen seitens des türkischen Staates ausgesetzt und viele Abgeordnete sind mittlerweile dort inhaftiert. Von der Veranstaltung in Hannover wurden viele Fotos gemacht und der Angeklagte hatte eins davon auf seiner Facebookseite veröffentlicht. Das Bild zeigt ihn bei seinem Redebeitrag und im Hintergrund ist eine Fahne der „Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans“ (KCK) zu sehen. Die KCK gilt in der Türkei und Deutschland als eine Organisation der PKK und wird dementsprechend verfolgt. Der Angeklagte soll durch das Zeigen eines Symbols einer unter das PKK-Verbot fallender Organisation gegen das Betätigungsverbot der PKK in Deutschland verstoßen haben.
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg hatte zunächst einen Strafbefehl in Höhe von 100 Tagessätzen je 15 Euro erlassen. Gegen diesen Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt, so das am 31. August 2016 vor dem Amtsgericht Uelzen die Hauptverhandlung stattfand. Dort wurde der kurdische Aktivist zu einer von Strafe 40 Tagessätzen je 10 Euro verurteilt. Außerdem soll er die Kosten des Verfahrens tragen.
In der Verhandlung vor dem Amtsgericht stellte sich heraus, dass das ganze Ermittlungsverfahren nur auf Grund von Informationen einer sog. „Vertrauensperson“ eingeleitet wurde. In einem Vermerk des Polizeioberkommissars Gutschke der Polizei Celle heißt es, das eine V-Person die angebliche Straftat „bekannt gemacht“ hätte. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen Zuträger des türkischen Geheimdienst handelt. Der MIT hat in Deutschland rund 6000 Informant*innen, die hier die Opposition ausspionieren und bekämpfen soll. Diese geheimdienstlichen Tätigkeiten sind illegal und eine Zusammenarbeit der deutschen Polizei mit Mitarbeiter*innen eines fremden Geheimdienstes strafbar.
Auf diesen Hintergrund versuchte des Rechtsanwalt des Angeklagten hinzuweisen und genauer zu thematisieren. Dies verhinderte der vorsitzende Richter und verurteilte schließlich den Angeklagten. Ganz offenbar soll die systematische Nutzbarmachung von Informationen des türkischen Geheimdienstes nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Auch aus diesem Grund ist der Angeklagte in Berufung gegangen. Deshalb findet jetzt am 12. Juni 2017 die Berufungsverhandlung in Lüneburg statt.
Die kurdische Freiheitsbewegung hat sich zu einer immer größer werdenden Alternative zu den Regimen von Erdogan in der Türkei, Assad in Syrien, den korrupten Machthabern in Bagdad oder den islamistischen Terroristen des IS entwickelt. Sie steht wie keine andere Bewegung für Demokratie, Frauenrechte und Frieden. Die Volksverteidigungseinheiten (YPG) und die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) sind entscheidende Kräfte gegen den IS in Syrien und werden dort von den US-Streitkräften in diesem Kampf unterstützt. Trotz allem wird die kurdische Freiheitsbewegung in der Türkei und Deutschland weiterhin unnachgiebig verfolgt.
Die Kriminalisierung von Kurd*innen in Deutschland wird auch ganz aktuell weiter fortgesetzt. Durchsuchungen von Privatwohnungen, Vereinen, Beschlagnahmungen und Inhaftierungen waren und sind immer wieder an der Tagesordnung. Zuletzt im März hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière weitere Symbole der kurdischen Freiheitsbewegung verboten. Darunter das Symbol der YPG und Fahnen mit dem Konterfei des in der Türkei inhaftierten Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan.
Mit den neuen Verboten von Symbolen kurdischer Organisationen, wie der Volksverteidigungseinheiten YPG aus Syrien, wird einerseits weiterhin das Erdogan-Regime als Steigbügelhalter des dschihadistischen Terrors im Mittleren Osten hofiert und andererseits die entschiedensten Kämpfer*innen gegen den IS-Terror kriminalisiert.
Mit den Verboten der Symbole besonders der YPG und PYD folgt die Bundesregierung der Sichtweise Ankaras, wonach es sich bei diesen Organisationen um „terroristische Vereinigungen“ handelt. Solche Entscheidungen zeigen, dass all die Erdogan-Kritik von den Regierungsparteien nichts anderes als heiße Luft ist.
Die deutsche Regierung könnte eine konstruktive Rolle im Sinne der Beendigung des derzeitigen Vernichtungskrieges der türkischen Regierung gegen die Kurd*innen spielen. Sie müsste hierzu ihren Einfluss geltend machen, um die Diktatur von Erdogan zu verhindern und sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einsetzen.
Stattdessen schweigt die Bundesregierung zu den Verbrechen des AKP-Regimes. Sie schweigt zu den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, den Angriffen auf die Presse- und Meinungsfreiheit und die Zerschlagung der Demokratischen Autonomie in Kurdistan; mehr noch: sie unterstützt durch den EU-Türkei Deal sogar den Krieg in Kurdistan und gegen Menschen auf der Flucht nach Europa und verfolgt auch selbst kurdische und türkische Aktivist*innen hier.
Wenn Deutschland einen Beitrag zu einer friedlichen Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten und damit zur Beseitigung von Fluchtursachen leisten will, muss die Bundesregierung politische Initiativen ergreifen und in einen offenen Dialog mit den Kurd*innen und ihren Organisationen eintreten.
Wenn wir eine Welt des Friedens und der Freiheit wollen, dann müssen wir die Positionen und Organisationen stark machen, die für dieses Ziel eintreten und sie nicht kriminalisieren. Die PKK oder KCK sind keine „Terror-Organisationen“. Sie sind vielmehr die Organisationen, die wichtige Bündnispartner für eine demokratische Perspektive darstellen. Alle demokratischen Kräfte müssten ein Interesse an einem Austausch über die Ideen und Ansätze einer direkten kommunalen Demokratie und dem Zusammenleben jenseits kultureller, ethnischer und religiöser Grenzen haben, wie es aktuell in Rojava versucht wird.
Die Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen fordert die Aufhebung des Verbots der PKK in Deutschland und die Einstellung des Verfahrens gegen den kurdischen Aktivisten.
Solidarität hilft siegen: Kommt zum Prozess gegen den kurdischen Aktivisten:
Montag, 12. Juni 2017
9:30 Uhr
Landgericht Lüneburg
Raum 009
Am Markt 7
Lüneburg