Bundeswehr-Reklame unerwünscht
Die Bundeswehr führt am 27. und 28. September eine große Werbeveranstaltung auf dem Lüneburger Marktplatz durch. Mit „Karriere-Trucks“, Musik, Wehrberater, Waffensysteme, Spiel und Spannung zieht die Bundeswehr durch die Republik, um Nachwuchs für die Bundeswehr zu rekrutieren und Kriegsbegeisterung zu schaffen. Gute Stimmung für die geplante Verlängerung des Afghanistaneinsatzes und ein bisschen mehr Kriegsbegeisterung in der Bevölkerung sollen her.
Die Bundeswehr: Nicht Spiel, Spaß und Spannung, sondern Kriegshandwerk
1955 gegründet um die sogenannte „freie Welt“ gegen eine angebliche Bedrohung aus dem „Osten“ zu verteidigen, zeichnete sie sich schon damals durch einen reaktionären Antikommunismus aus und übernahm damit nahtlos die Tradition und Ideologien der Wehrmacht aus der sie hervorgegangen war. Diese Kontinuitäten zeigten sich auch im personellen Charakter, 12800 alte Nazigeneräle und Admirale der Wehrmacht, darunter etliche Kriegsverbrecher, und selbst Offiziere der Waffen-SS wurden in ihren Reihen mit offenen Armen empfangen, oft durften diese Menschen sogar ihren Dienstrang beibehalten.
Diese Tradition setzt sich bis heute unverändert fort. Immer wieder kann man von rechtsextremen Umtrieben in der Bundeswehr hören oder lesen. Das äußert sich durch das Bemalen der Fahrzeuge mit Symbolen, die denen der Nazizeit ähnlich sind oder auch wie der letzte Bundeswehr-Skandal durch rassistische Bemerkungen von Vorgesetzten. Und dies sind keine Einzelfälle sondern strukturell bedingte Erscheinungen. In einer Gemeinschaft in der Menschen systematisch zum Töten abgerichtet werden, in der Menschen ihre Individualität und eigenes Denken aufgeben, sich einem Korpsgeist beugen und einer diffusen Mischung aus Nationalismus und Vorherrschaftsdenken folgen, sind solche Auswirkungen praktisch vorprogrammiert.
Ursprünglich als Verteidigungsarmee konzipiert, entwickelte sich die Bundeswehr in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu einer Interventionsarmee um macht- und wirtschaftspolitische Interessen Deutschlands in der ganzen Welt durchzusetzen. So ist die Sicherung des Zugangs Deutschlands zu Rohstoffen mittlerweile sogar in den verteidigungs-politischen Richtlinien festgeschrieben. Die Aussage des ehemaligen Verteidigungsministers Struck, dass „Deutschlands Freiheit auch am Hindukusch verteidigt“ werde, spricht Bände. Folgerichtig sind Auslands- und Kampfeinsätze der Bundeswehr mittlerweile an der Tagesordnung, dazu zählen auch völker- und grundrechtswidrige Angriffskriege, wie der Kosovokrieg und der Krieg in Afghanistan.
Derzeit sind ca. 8100 bewaffnete deutsche Soldaten in aller Welt aktiv und zwar in folgenden Gegenden: Afghanistan, Usbekistan, Bosnien-Herzegowina, Sudan, Libanon, Georgien, Äthiopien, Eritrea, Kosovo und am Horn von Afrika.
Und der Trend zur Militarisierung geht noch weiter. Geht es nach Bundesinnenminister Schäuble soll die Bundeswehr auch im Inland eingesetzt werden. Einen kleinen Vorgeschmack mit Gewöhnungseffekt gab es dafür schon bei den G8-Protesten in Heiligendamm, wo sie mit Flugzeugen und Aufklärungspanzern Demonstranten überwachte.
Der Werbefeldzug:
Für all diese Einsätze braucht die Armee die Einwilligung und Unterstützung der Bevölkerung zu Hause. Mit mehr als 600 Rekrutierungs- und Reklameeinsätzen überzieht die Bundeswehr das ganze Land. Für mehrere Millionen Euro steuern »Karriere-Trucks« die Innenstädte an, bauen Wehrdienstberater auf Messen und in Schulen ihre Werbestände auf, und allmonatlich finden Werbeveranstaltungen in Arbeitsämtern statt. Ein Grund für die massive Rekrutierungsoffensive: der Bundeswehr droht der Nachwuchs auszugehen.
Für den Werbefeldzug der Bundeswehr ist das Arbeitslosengeld II ein zentrales Rekrutierungsinstrument – Jobcenter sorgen für Nachschub an Soldaten und nutzen die Perspektivlosigkeit am Arbeitsmarkt und den zunehmende Druck für Erwerbslose, jeden noch so miesen Job annehmen zu müssen. Ausbildung und berufliche Qualifizierung werden davon abhängig gemacht, dass Menschen bereit sind, das Kriegshandwerk des Tötens auf Befehl zu erlernen und anzuwenden. Denn darum geht es nach wie vor bei jeder Armee: zu lernen zu gehorchen, zu lernen zu töten.
Die „Heimatfront“ schwächelt:
Immer mehr Menschen bezweifeln jedoch den Sinn des als unausweichlich herbeigeredeten „Krieg gegen den Terror“. Sie erkennen die verheerenden Folgen der patriarchalen Kriegslogik. Deshalb agiert die Sondereinheit (KSK), die jeglicher parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle entzogen ist, verdeckt. Notfalls werden die Einsatzdaten wie im Fall Kunarz kurzerhand gelöscht. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) kann in der nicht vom UN-Sicherheitsrat legitimierten „Operation enduring freedom“ fernab des Kriegsvölkerrechts als Exekutionskommando durch Afghanistan ziehen. Das ist Staatsterror.
Niemand glaubt ernsthaft, dass der Krieg in Afghanistan und im Irak der Sicherheit Europa dient. Der Bombenkrieg dient allein der Kriegsindustrie. Er dient dem deutschen Zugriff auf strategische Ressourcen in der Region. Mehr und mehr Menschen fordern deshalb den Rückzug der Truppen aus Afghanistan und dem Irak.
Gegen die lauter werdende Kritik an den Auslandseinsätzen an der „Heimatfront“ setzt die Bundeswehr darum auf modernes Akzeptanzmanagement, Eventmarketing und Werbetouren, um junge Rekruten und Rekrutinnen zu gewinnen. Schluss damit!
Kein Platz dem deutschen Militarismus!
Kriege blockieren, sabotieren und desertieren!
Lüneburg, 25. September 2007
Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen