Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

„Oh du fröhliche“…

oder wie Weihnachten durch Rassisten in Lüneburg abgeschafft wird

Auf ihren Facebookseiten wünscht die Lüneburger AfD ihren Leser*innen ein schönes Weihnachtsfest. Mit etwas düsteren Bibelzitaten schmücken sie ihre Bildchen. Doch die ach so schöne Weihnachtszeit war in Lüneburg durch eine rassistisch geprägte Debatte um Weihnachtslieder und Weihnachtsfeiern, die angeblich nicht mehr gesungen bzw. gefeiert werden dürften, überschattet. Durch einen Artikel in der Lüneburger Landezeitung, durch den der Eindruck entstehen sollte, das an einer Lüneburger Schule keine Weihnachtsfeier mehr stattfinden dürfe, weil eine Schülerin vor einem Jahr keine „christlichen“ Weihnachtslieder mitsingen wollte, brach eine Welle der Empörung los, die Leser*innenbriefseite der LZ füllte sich und bundesweit fand diese Zeitungsente ein Echo in den Medien.

Rechte Kulturkrieger der AfD, Rassisten unterschiedlicher Schattierung bis hin zum örtlichen CDU-Kreisvorsitzenden sahen sich berufen Stellung zu beziehen und sahen ihr vermeintlich „christliches Abendland“ vor falsch verstandener Toleranz und dem Islam bedroht. Allen gemeinsam war, dass sie sich plötzlich auf „christliche Werte“ beriefen, die es zu verteidigen gelte. Was sonst bei diesen Gestalten keine große Rolle spielt, musste jetzt dafür herhalten, um Ressentiments gegen Muslime zu schüren. Allen gemeinsam war auch, dass Begriffe wie Nächstenliebe, Toleranz oder Beharmherzigkeit, die eigentlich mit den christlichen Traditionen und Werten untrennbar verbunden sein sollten, keine Rolle spielten. Was sich in der Debatte und diversen Leser*innenbriefen in der Landeszeitung auftat, war das Gegenteil von den postulierten „Werten“. Begriffe wie „christliches Abendland“ oder „christliche Traditionen“ wurden als Chiffre für eine aggressive und hasserfüllte asyl-, islam- und letztendlich menschenfeindliche Positionierung in der Öffentlichkeit genutzt.

Diese Formen des Rassismus sind nicht neu. Rechtspopulistische und rassistische Parteien und Organisationen in Europa versuchen unter dem Deckmantel von Islamkritik, Integrations- und Meinungsfreiheitsdebatten, Frauen- und Bürger*innenrechten rassistische Ressentiments gesellschaftsfähig zu machen. Über die Konstruktion eines exklusiven “christlichen Abendlandes” sollen ganze Bevölkerungsteile ausgegrenzt werden. Prominentester Stichwortgeber der letzten Jahre war dabei Thilo Sarrazin, dessen rassistischen und sozialchauvinistischen Thesen Ausdruck dieser Formierung in der Mitte der Gesellschaft sind.

Parteien wie die AfD versuchen u.a. die “Entfremdung” vieler Bürger*innen gegenüber dem existierenden Regierungs- und Parteiensystem, Sozialneid sowie Vorurteile und Ressentiments gegenüber Migrant*innen oder generell von Menschen, die nicht in ihr beschränktes Weltbild passen, zu nutzen und zu verstärken. Dabei versuchen sie sich als Anwalt des “kleinen Mannes” und im Gegensatz zur Elite darzustellen. Ängste vor einem drohenden sozialen Abstieg, einer angeblich permanenten Bedrohung durch Kriminalität oder “Terrorismus”, einer vermeintlichen Übervorteilung von und “Überfremdung” durch Migrant*innen werden geschürt, um daraus Kapital zu schlagen. Sozioökonomische und politische Aspekte werden als kaum zu überwindende kulturelle Modelle verschleiert, Verursacher*innen von sozialen Problemen unterschlagen, um diese dafür den Betroffenen selbst zur Last zu legen und Menschen durch pauschale negative Zuschreibungen stigmatisiert, diskriminiert und kriminalisiert. Grundlage bildet die Ideologie von der Ungleichwertigkeit von Menschen, die zum Großteil als “naturbedingt” und “unveränderbar” dargestellt und meist mit Bezug auf Merkmale wie Kultur, Religion, sozialer Status, sexueller Identität etc. begründet wird. Feindbilder werden erschaffen und sollen dazu dienen, über die Abwertung und Ausgrenzung anderer Menschen und ganzer Gruppen eine vermeintliche Dominanz und eigene Anerkennung bzw. Aufwertung zu erreichen. Der antimuslimische Rassismus, der dabei propagiert wird, findet dann auch konsequenterweise in Exzessen von Moscheeschändungen und tätlichen Übergriffen, die bis zum Mord reichen, seinen gewaltförmigen Ausdruck.

Die rechten Kulturkrieger und Rassisten haben mit christlichen Werten, auf die sich sich so vehement berufen, gar nichts zu tun. Ganz im Gegenteil! Nach christlichem Verständnis ist der Mensch ein Geschöpf und Abbild Gottes, woraus seine Würde und die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens abgeleitet werden. Weil vor Gott alle Menschen gleich sind, sind sie es auch untereinander – unabhängig von Alter, Geschlecht oder Hautfarbe, von Weltanschauung oder Vergangenheit. Der Apostel Paulus brachte das auf die Formel: „Da ist weder Jude noch Grieche, weder Freier noch Sklave, weder Mann noch Frau.“ Laut christlichem Menschenbild, ist jedes Lebewesen von Gott gewollt und muss seine Existenz und seine individuellen Besonderheiten vor nichts und niemanden legitimieren. In den meisten Leser*innenbriefen in der LZ dazu und den Statements der AFD finden sich grundlegende Unterschiede zu christlichen Werten und Traditionen.

Den Hetzern, Rassisten und christlichen Fundamentalisten sei hiermit noch auf den Weg gegeben, dass dem Menschen Verstand (durch den Heiligen Geist) gegeben ist. Wer einen “Kampf der Kulturen” konstruiert und ausruft, die Gesellschaft zu polarisieren, zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen, ist nicht nur für die Opfer rassistischer Gewalt mit verantwortlich, sondern muss mit Widerstand rechnen. Nicht vergessen: Der Weihnachtsmann trägt rote Kleidung und hat eine Rute dabei! Frohe Weihnachten!