Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus!
Das Gedenken schützen – NS-Verherrlichung stoppen!
Ein Auftreten der AfD verhindern!
In den letzten zwei Jahren konnte die AfD an den „offiziellen“ Veranstaltungen der Hansestadt Lüneburg anlässlich des „Volkstrauertages“ am „Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ ungestört teilnehmen. Am diesjährigen „Volkstrauertag“ soll gegen ein Auftreten der AfD am Lüneburger Mahnmal für die Opfer des Faschismus Stellung bezogen und gegen den Missbrauch des Gedenkens, die Verhöhnung der Opfer des Faschismus und einen gesellschaftlichen Rechtsruck Haltung gezeigt werden. Dafür rufen wir zur Teilnahme an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ der Hansestadt Lüneburg auf, um dort mahnend deutlich zu machen, dass aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus die Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand erwächst. Eine antifaschistische Kundgebung wurde von der Hansestadt Lüneburg untersagt. Infos, Hintergründe und aktuelle Entwicklungen finden sich unter dem Aufruf
Sonntag, 18. November 2018 – 12 Uhr
Mahnmal in der Lindenstraße – Lüneburg
Aktuelle Informationen I Aufruf I Hintergründe
Volkstrauertag abschaffen!
Gegen das Vergessen – Wir gedenken den Opfern, nicht den Tätern!
Der „Volkstrauertag“ soll der offizielle Gedenktag für die „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ sein. Der Volkstrauertag wurde 1919 vom „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs etabliert. 1934 wurde der Volkstrauertag von den Nationalsozialisten zum Staatsfeiertag erhoben und in “Heldengedenktag” umbenannt. Die an diesem Tag bis dahin ohnehin nur am Rande zelebrierte Trauer entfiel nun vollständig zu Gunsten der Heroisierung von Krieg und Opfertod. Nachdem der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ 1945 zunächst von den Alliierten verboten wurde, konnte er seine Arbeit jedoch bereits nach einem Jahr wieder aufnehmen. Schon 1950 wurde der Volkstrauertag erstmals im Bundestag mit einer Feierstunde begangen und damit erneut in den Stand eines offiziellen Gedenktags erhoben. Seitdem wird bundesweit jedes Jahr an einem Sonntag im November den “Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft” gedacht.
Was zunächst ganz unverfänglich klingt, trug seit jeher eine geschichtsverfälschende und reaktionäre Komponente mit sich. Völlig unvoreingenommen würde mensch angesichts der deutschen Geschichte erwarten, dass an diesem Tag den Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden müsste. Stattdessen standen aber jahrzehntelang die gefallenen Soldaten der Wehrmacht, die sog. „Vertriebenen“ und die Toten der alliierten Bombenangriffe im Zentrum des Gedenkens, diejenigen, die die NS-Vernichtungspolitik aktiv unterstützten oder zumindest bereitwillig duldeten. Spätestens seit Mitte der 1990er Jahre wandelte sich die am Volkstrauertag zelebrierte Erinnerungskultur. Erinnert wird nun auch an die Leidtragenden des Stalinismus sowie an die Mauertoten und verweist schließlich dann auch auf die Ermordeten der Konzentrations- und Vernichtungslager. Heute kommen noch die gefallenen Bundeswehrsoldaten und Opfer terroristischer Anschläge von islamistischer Fundamentalisten hinzu.
Diese neue Form des Gedenkens ist jedoch weniger Ausdruck einer offener, toleranter oder kritischer gewordenen Bundesrepublik. Sie ist lediglich die abgewandelte, modernisierte Version des selbstbezogenen Opferkultes. So verschwinden hinter der Aufzählung der verschiedenen realen oder eingebildeten Opfergruppen aus den unterschiedlichsten Zeitepochen nicht nur die Taten, sondern auch die Täter*innen sowie die jeweiligen Spezifika der Taten. Die gemeinsame Nennung der Opfer der Konzentrations- und Vernichtungslager sowie der gefallenen Wehrmachtsoldaten ist nichts weniger als die Weiterführung des Versuchs, die deutsche Geschichte zu normalisieren und den Zweiten Weltkrieg in einen gewöhnlichen Krieg umzudeuten, in dem es ausschließlich Opfer gab.
Der Volkstrauertag hat eine wechselvolle ambivalente Geschichte und hat dabei bis heute seine zentrale Funktion behalten: Wo wieder Kriege geführt werden, da braucht es einen Volkstrauertag, um den vergangenen Krieg zu verklären, ihm einen Sinn zu geben, den er nicht hat. Zugleich werden Kriege damit wieder als legal und zulässig erklärt. Der sogenannte „Volkstrauertag“ mit seinem auf den ersten Blick humanen und sogar pazifistischen Auftreten, bewirkt in Wirklichkeit genau das Gegenteil der proklamierten Werte. Denn die Ursachen von Krieg, Krieg als Machtinstrument, als perfideste Form von Vernichtung und Opfer und Täter, die es in jedem Krieg gibt, werden nicht benannt. Jeder Krieg wird hier so dargestellt, als bräche er über die Menschen herein, wie das Prinzip des Zufalls. Das Gedenken allen Opfern von Krieg und „Gewaltherrschaft“ hat nichts zu tun mit persönlicher Trauer um Tote, es ist die generelle Gleichsetzung von Opfern und Tätern als Leidtragende des angeblich Unvermeidlichen. Dieses hinter dem „Volkstrauertag“ stehende Konzept verschleiert absichtlich die Schuldfrage.
Umkämpfte Lindenstraße
In der Lüneburger Lindenstraße befindet sich das „Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“, welches 1990 eingeweiht wurde. Bis 2002 befand sich in unmittelbarer Nähe ein Obelisk, mit dem das Kampfgeschwader 26 der deutschen Luftwaffe geehrt wurde. Teile dieses Geschwaders nahmen als Teil der „Legion Condor“ an der Bombardierung Gernikas teil. Gegen die Verehrung der Mörder fanden von 1997 – 2001 verschiedene antifaschistische Kundgebungen in der Lindenstraße statt, die sich am Volkstrauertag auch gegen Treffen von Militaristen und Nazis am Ehrenmal des Kampfgeschwaders richteten. Nachdem der Obelisk immer wieder stark beschädigt wurde, wurde er abgebaut und auf ein Kasernengelände verbracht. Einige Jahre später begann die Hansestadt Lüneburg damit, in der Lindenstraße „offizielle“ Gedenkveranstaltungen am Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ durchzuführen. Vertreter*innen aus Stadtrat und Kirche hielten dort ihre Ansprache. In den letzten beiden Jahren nahmen an diesen Veranstaltungen auch Delegationen der AfD teil und legten Kränze nieder.
Im letzten Jahr legten die Rechten einen Kranz mit der Aufschrift „Für unsere gefallen deutschen Soldaten“ nieder. An einem Ort, der den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 gewidmet ist, ehrt die AfD die Täter. Sie missbraucht somit diesen Ort und verhöhnt die Millionen Menschen, die von deutschen Soldaten ermordet worden sind: Jüdinnen und Juden, Roma und Sinti, die Zivilbevölkerungen der von Deutschland überfallenen Länder, Soldatinnen und Soldaten die sich in ihren Armeen sich dem Angriff Deutschlands entgegenstellten oder die Partisaninnen und Partisanen.
Kampf der AfD!
Die AfD hat an einer Veranstaltung am Ort des Gedenkens an die Opfer des Faschismus nichts zu suchen! Diese Partei will dort nicht gedenken und erinnern, sondern nutzt so eine Veranstaltung als Feigenblatt und gleichzeitig für einen Angriff auf die Erinnerungskultur in Deutschland. Wie alle Rechten sieht auch die AfD in der kritischen Aufarbeitung der deutschen Geschichte Vergangenheit nur ein Hindernis, zur nationalen Größe zurückzufinden, die man sich in diesen Kreisen wünscht. Im Grundsatzprogramm der AfD heißt es: „Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst“. Was die AfD damit meint hat Björn Höcke in besonders widerwärtiger Form ausgedrückt, als er im Januar 2017 in seiner Rede in Dresden eine „erinnerungspolitische Wende“ für Deutschland forderte und das Holocaustmahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnete.
Höcke ist in der AfD kein Einzelfall. So forderte Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender der AfD im Bundestag, einen Schlussstrich unter die Bewältigung der NS-Vergangenheit zu ziehen. Für ihn gebe es das Recht, „uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen“ und dass „die Deutschen“ wieder das Recht auf „Stolz“ auf die Taten der Soldaten hätten. Für AfD-Chef Gauland ist dann die Zeit des deutschen Faschismus auch nur ein „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte.
Erschreckend am 18. November 2017 war das Verhalten von Vertreter*innen der Ratsparteien und der Kirche, die sich – trotz Aufforderung – nicht zu dieser Verhöhnung der Opfer des Faschismus und dem Missbrauch des Mahnmals durch die AfD verhielten. Erfreulich an diesem Tag war nur, das der Kranz der AfD, kurz nach der Veranstaltung von beherzten Antifaschist*innen entfernt wurde.
Dagegenhalten!
Um in Zukunft solche Angriffe auf das Gedenken an die Opfer des deutschen Faschismus zu verhindern und das Mahnmal in der Lindenstraße zu schützen, rufen wir dazu auf, am 18. November 2018 dort in Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg gegen weitere Auftritte der AfD zu protetieren!
Speziell der Volkstrauertag, welcher nicht nur für Lüneburger Nazis oder die AfD ein geeigneter Tag für die Verherrlichung der Täter von einst darstellt, soll in den Fokus gerückt werden und deutlich gemacht werden, inwiefern dieser Tag bis heute, 73 Jahre nach der Kapitulation, in der Tradition des Nationalsozialismus im postnazistischen Deutschland steht. Die Auseinandersetzung mit dem Tag im November soll aufzeigen, dass Verharmlosung, Verleugnung und Verdrängung seit 1945 die wichtigsten Triebkräfte der deutschen Gedenkpolitik darstellten und warum es die Aufgabe einer antifaschistischen Gesellschaftskritik ist, diese Entlastungsversuche – wie wir sie zur Zeit in Lüneburg auch bei der Auseinandersetzung um den Gedenkstein für die 110. Infanteriedivision und die Äußerungen des ehemaligen Bürgermeister Scharf sehen – abzuwehren .
Wir wollen am 18. November 2018 nicht nur gegen ein Auftreten der AfD am Mahnmal in der Lindenstraße protestieren, sondern gegen eine deutsche Gedenkpolitik, die die Opfer der deutschen Vernichtungspraxis verhöhnt, indem sie sie mit ihren Mördern in das gleiche Gedenken einbegreift.
Aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus erwächst unsere Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand !
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Sonntag, 18. November 2018:
- 11 Uhr – KZ-Friedhof im Tiergarten (Gedenkveranstaltung der VVN-BdA)
- 12 Uhr – Mahnmal für die Opfer des Faschismus – Lindenstraße
Donnerstag, 8. November 2018:
Erklärung der Antifaschistischen Aktion Lüneburg / Uelzen:
Hansestadt Lüneburg ermöglicht ein Auftreten der AfD und verhindert würdiges Gedenken an die Opfer von Faschismus und Krieg
Vor rund einem Jahr hatte die Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen eine Kundgebung für den diesjährigen „Volkstrauertag“ bei der Hansestadt Lüneburg angezeigt. Mit dieser Veranstaltung sollte gegen die Teilnahme der rechten AfD an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ am Mahnmal für die „Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ und gegen die Verhöhnung der Opfer des Faschismus protestiert werden. Die antifaschistische Gedenkkundgebung stand unter dem Motto „Das Gedenken schützen – NS-Verherrlichung stoppen!“.
Nach knapp einem Jahr des Nichtstuns, hat die Hansestadt Lüneburg am heutigen Tag dem Anmelder der Versammlung eröffnet, dass er die angezeigte Versammlung nicht wie geplant durchführen darf. Eine zeitgleich stattfindende Veranstaltung der Hansestadt Lüneburg sei bevorrechtigt, da sie als „staatlicher Akt“ gelte. Für einen solchen „staatlichen Akt“ bedürfe es noch nicht mal eine ordnungsgemäße Anmeldung bei der Verwaltung, sondern kann einfach festgelegt werden und alle anderen Menschen müssten dann eben weichen.
Um diese sonderbare Sichtweise vorzutragen, lud die Hansestadt Lüneburg den Anmelder der antifaschistischen Kundgebung zu einem sogenannten „Kooperationsgespräch“ ein. In ungewöhnlich großer Runde tagte diese unkooperative Runde dann allerdings nur 5 Minuten. Für die Hansestadt Lüneburg nahmen neben zwei Mitarbeitern des Ordnungsamts, auch Rechtsamtsleiter Wolfgang Sorger und der Dezernent für Nachhaltigkeit, Sicherheit und Recht, Markus Moßmann, teil. Außerdem waren zwei Polizeibeamte anwesend. Markus Moßmann mutmaßte, dass Antifaschist*innen jetzt die Kranzniederlegung der Stadt Lüneburg „unfriedlich“ und „laut“ „stören“ werden. Die Polizei zeigte nur Interesse daran, was seitens der Antifa nun geplant sei. Da dies kein Geheimnis ist, konnte gleich angekündigt werden, dass mensch sich jetzt am „Staatsakt“ des Oberbürgermeisters beteiligen werde.
Ganz offensichtlich will die Hansestadt Lüneburg eine Gedenkveranstaltung unter Einbeziehung der AfD durchführen. Hier wird jetzt Antisemiten und Geschichtsrevisionisten eine Bühne bereitet und dies an einem Ort, wo eigentlich die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Mittelpunkt stehen sollten. An einem Mahnmal, welches für die AfD ein „Denkmal der Schande“ ist.
Vom Oberbürgermeister wäre zu erwarten gewesen, dass er an diesem Tag Haltung zeigt und der AfD die Teilnahme an der Veranstaltung verwehrt. Doch die Inhalte dieser Partei scheinen für ihn keine Rolle zu spielen und ein kollegiales Verhältnis zur AfD-Stadtratsfraktion wichtiger zu sein. Hier wird deutlich, dass von den Sonntagsreden Herrn Mädges nichts zu erwarten ist. Erst im September erklärte er vollmundig, dass es nötig geworden ist, sich „zu jeder sich bietenden Gelegenheit und überall in unserem Alltag deutlich zu machen, dass wir in der Tat mehr sind“ und „rechtsradikale Parolen“ und „rassistische Hetze“ abzulehnen. Knappe zwei Monate scheint dies vergessen zu sein. Wieder einmal müssen dann eben aktive Antifaschist*innen dies deutlich machen.
Am diesjährigen „Volkstrauertag“ soll gegen ein Auftreten der AfD am Lüneburger Mahnmal für die Opfer des Faschismus Stellung bezogen und gegen den Missbrauch des Gedenkens, die Verhöhnung der Opfer des Faschismus und einen gesellschaftlichen Rechtsruck Haltung gezeigt werden. Dafür rufen wir zur Teilnahme an der „offiziellen Gedenkveranstaltung“ der Hansestadt Lüneburg auf, um dort mahnend deutlich zu machen, dass aus dem Gedenken an die Opfer des Faschismus die Verpflichtung zum antifaschistischen Widerstand erwächst.
Wenn wir die deutsche Geschichte als Warnung sehen, ist jetzt der Moment, um sich entschlossen gegen die AfD zu stellen!
Mittwoch, 14. November 2018
Artikel Landeszeitung 14.11.2018
Donnerstag, 15. November 2018
Stellungnahme der VVN-BdA Lüneburg zum Streit um die Gedenkveranstaltung am Sonntag in der Lindenstraße
Zum Streit um die Teilnahme von AfD-Vertretern an einer Gedenkveranstaltung der Stadt Lüneburg erklärt die VVN-BdA Lüneburg:
1. Die Errichtung einer Gedenkanlage in Lüneburg geht zurück auf einen Antrag der SPD-Fraktion im Rat der Stadt im Jahre 1986, an einem markanten Ort der Innenstadt, möglichst in Rathausnähe, eine Anlage zum Gedenken an den Lüneburger NS-Widerstand zu errichten. Nach einer langen Skandalgeschichte wurde eine Gedenkanlage geschaffen außerhalb des fußläufig-frequentierten Innenstadtbereichs, die Gedenkgruppe ausgeweitet auf „alle Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ (nachzulesen unter VVN-BdA Lüneburg: „Die zweite Schuld. Zum Streit um das antifaschistische Mahnmal in Lüneburg“, Lüneburg 1989).
2. Die Gedenkveranstaltungen, die fortan am Volkstrauertag zur Mittagsstunde an der Gedenkanlage in der Lindenstraße stattfanden und zu denen der Oberbürgermeister die Bürger/-innen der Stadt Lüneburg einlud, verloren im Laufe der Jahre ihren ursprünglichen antifaschistischen Charakter insofern, dass vom Lüneburger NS-Widerstand immer weniger und schließlich gar nicht mehr die Rede war. Stattdessen wurde das Gedenken durch dominierende Ansprachen von Kirchenvertretern/-innen einseitig religiös interpretiert (das gemeinsame Beten schloss gleich mehrere Einwohnergruppen von der Teilnahme aus) und sogar zum Zwecke der Legitimation deutscher Beteiligung an aktuellen Kriegen funktionalisiert (selbst ein Trompeter war zu hören mit seinem „Ich hatt‘ einen Kameraden“). Nachdem darüber hinaus vor einigen Jahren Bürgermeister Scharf in Vertretung des Oberbürgers zu Beginn der Gedenkfeier einer anwesenden Angehörigen unserer Vereinigung quasi prophylaktisch untersagte, einige Worte des Gedenkens an ihren Vater zu sprechen, einem Spanien-Kämpfer und KZ-Häftling aus dem Landkreis (die Absicht, eine solche Ansprache zu halten, vermutete Herr Scharf lediglich), entschloss sich unsere Kreisvereinigung, diesen einseitigen Gedenkfeiern fernzubleiben. Aus unserer Sicht hatten diese Gedenkveranstaltungen ihre ursprüngliche Intention verlassen und sich in einer Weise entwickelt, die anschlussfähig war für rechtskonservative und rechtspopulistische Positionen.
3. An der Gedenkveranstaltung des letzten Jahres nahmen Mitglieder/Vertreter der AfD teil und legten dort ein Blumengesteck mit Schleifen ab, versehen mit ihrem Parteinamen „Alternative für Deutschland“ und der Inschrift „Für unsere gefallenen deutschen Soldaten“. Um die Bedeutung der Zielgruppe ihres Gedenkens hervorzuheben, waren die Worte „deutschen Soldaten“ doppelt so groß geschrieben wie der übrige Text. Ein öffentlicher Protest seitens des Veranstaltungsleiters blieb ebenso aus wie eine Entfernung dieser AfD-Provokation. Die Rechtsaußen-Position der AfD war „in der Mitte“ angekommen, gemäß ihres Zieles, der deutschen Gedenkkultur eine 180 Grad Wende zu verpassen.
4. Dass die AfD jede Bühne nutzt, ob im Parlament oder bei Veranstaltungen wie an der Lindenstraße, um Mittels Provokationen das seit 1945 Unsagbare wieder in den aktiven Wortschatz einzuführen, ist bekannt spätestens seit Höckes Kennzeichnung des jüdischen Mahnmals in Berlin als Schandmal und Gaulands Stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen. In dieser Situation sind alle Lüneburger/-innen angehalten, sich dem Aufruf der Antifa anzuschließen und sich den AfD-Provokationen in den Weg zu stellen, auch gerade an der Gedenkanlage in der Lindenstraße.
5. Dem Oberbürgermeister ist bei der morgigen Gedenkveranstaltung zu empfehlen, so zu verfahren, wie es seit vielen Jahren üblich (und leider notwendig) ist: Als Leiter und Verantwortlicher einer von ihm einberufenen Versammlung erklärt er vor deren Beginn, dass Personen mit geschichtsrevisionistischem Hintergrund und die einer Partei angehören, für die der deutsche Faschismus lediglich ein „Vogelschiss der Geschichte“ darstellt, nicht erwünscht sind und ihnen die Teilnahme verweigert wird, sie also den Veranstaltungsort zu verlassen haben. Falls die bekannten AfD-Vertreter sich weigern zu gehen, beauftragt der Versammlungsleiter die polizeilichen Ordnungskräfte mit der Durchführung dieser Maßnahme.
5. Gleichfalls empfehlen wir für die Zukunft, Form und Inhalt dieser Veranstaltungen in die Beratungen im Rahmen der Debatten um die Erinnerungskultur der Stadt einzubeziehen.
Donnerstag, 15. November 2018
Pressemitteilung der Partei Die Linke vom 15.11.18
FÜR EIN WÜRDEVOLLES GEDENKEN AM VOLKSTRAUERTAG
DIE LINKE Kreisvorstand Lüneburg kritisiert die Ankündigung von Oberbürgermeister Mädge, Funktionär*innen der AfD auf einer Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag zu tolerieren. Die AfD Lüneburg fiel schon in der Vergangenheit dadurch auf, dass sie mit bekannten Personen aus extrem rechten Kreisen offen sympathisierte und ihnen ideologisch nahe steht. Thorben Peters, Kreisvorsitzender der LINKEN Lüneburg und Mitglied im Landesvorstand DIE LINKE Niedersachsen dazu:
„Der Volkstrauertag sollte ein Gedenktag für die Opfer des NS-Regimes sein, also all auch jenen die wegen ihrer Herkunft, Religion und politischen Überzeugung in Konzentrationslagern versklavt, gefoltert und ermordet wurden. Es ist unwürdig, wie Oberbürgermeister Mädge ausgerechnet diejenigen tolerieren will, die mit Faschisten offen sympathisieren und ihnen ideologisch teilweise nacheifern. Er beleidigt damit das Andenken und macht es für Angehörige von Opfern des NS-Regimes unerträglich, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen.“
Mit ihren öffentlichen Äußerungen und Veranstaltungen versucht die AfD immer wieder Angst und Hass gegenüber Migrant*innen zu schüren. Nicht selten folgten auf diese Stimmungsmache gewaltvolle Ausschreitungen, für welche die AfD die Verantwortung leugnet. So verteidigte Stephan Bothe (MdL) den Schulterschluss zwischen AfD und gewaltbereiten Nazis in Chemnitz und leugnete öffentlich belegte Hetzjagenden gegenüber Migrant*innen.
Peters weiter: „Wenn wir zulassen, dass die rassistischen, menschenverachtenden und gewaltschürenden Aussagen der AfD als Bestandteil des demokratischen Diskurses toleriert werden, verraten wir die Werte, die unsere Demokratie ausmachen. Die Menschenwürde gilt für alle, sie zu verteidigen ist unsere Pflicht als Demokrat*innen. Statt antifaschistische Proteste zu denunzieren, sollte Herr Mädge sich dem couragierten Engagement gegen Rechts anschließen.“
DIE LINKE STADTRATSFRAKTION VERTEIDIGT DEMONSTRATIONSRECHT GEGEN RECHTE VEREINNAHMUNG DES VOLKSTRAUERTAGS
Die Linksfraktion im Lüneburger Rat verteidigt das Recht der Antifaschistischen Aktion gegen die Anwesenheit rechtsradikaler Kräfte am Volkstrauertag zu demonstrieren und prüft juristisch gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit unter dem Vorwand eines „Staats-Akts“ vorzugehen.
Dazu erklärt ihr Fraktionsvorsitzender Michèl Pauly: „Es ist nicht nur legal, sondern auch absolut legitim, die Stimme zu erheben und zu demonstrieren, wenn Rechtsradikale den Volkstrauertag für ihre Propaganda missbrauchen wollen. Wo den Opfern von Krieg, Faschismus und Nationalismus gedacht wird, müssen Nationalisten, auch wenn Sie im Rat oder in Parlamenten sitzen, Widerspruch erfahren. Das Recht, sich genau zu solch einem Anlass hörbar und sichtbar zu versammeln, ist zentraler Bestandteil unserer demokratischen Ordnung. Es ist ein Skandal, wenn die Verwaltungsspitze Lüneburgs dieses Recht unter dem Vorwand beschneiden will, dass es sich bei den Kranzniederlegungen in der Lindenstraße um einen „Staats-Akt“ handele.“
Die Linksfraktion kündigt an, juristisch prüfen zu lassen, ob es überhaupt einen „Staats-Akt durch Kommunen gibt. Zu dieser Prüfung erklärt Pauly abschließend: „Von einem Staats-Akt durch einen Oberbürgermeister haben wir noch nie gehört. Wir werden prüfen lassen, welche Konsequenzen es hat, wenn unter dem Begriff „Staats-Akt“ die Versammlungsfreiheit eingeschränkt wird.“
Die Verwaltung, vertreten durch den Ordnungsdezernenten Moßmann, hatte in einem Kooperationsgespräch dem Anmelder einer Gegenkundgebung gegen die Vereinnahmung des Volkstrauertags durch Rechtsradikale dargelegt, dass die Versammlung deswegen einschränkt werden könne, da es sich bei der Veranstaltung am Volkstrauertag in der Lindenstraße um einen „Staats-Akt“ handele. Der Anmelder bestätigte den Zeitungsbericht gegenüber der Linksfraktion.
Freitag, 16. November 2018
Pressemitteilung der Falken-Jugendgruppe Lüneburg vom 16.11.2018
Volkstrauertag ist kein „Heldengedenktag“
Morgens früh, wir schlagen die Zeitung auf und müssen mit Bestürzen feststellen, dass die AfD am kommenden Sonntag, dem Volkstrauertag, in Lüneburg an der Gedenkfeier, am Mahnmal für die*Opfer *des Faschismus teilnehmen will. Einem Mahnmal was die AfD als „Mahnmal der Schande“ ansieht.
Wir Falken stellen uns entschieden gegen die Entscheidung der Stadt den Volkstrauertag zu einem Staatsakt zu deklarieren und ihn so zu einer Bühne für die AfD zu machen. Eine Partei, die diesen Tag nicht als Volkstrauertag, sondern als ihren Heldengedenktag feiert. Als Gedenktag für Wehrmachtssoldaten des Hitler-Regime, die unsagbares Leid und Verwüstung über die Welt brachten und Völkermorde vorbereiteten und mit verübten. Wir sind der Meinung, dass diese Soldaten keine Helden sind und das Dritte Reich auch kein „Vogelschiss in der 1000-jährigen Geschichte Deutschlands“ ist. Diese grausamen Verbrechen dürfen nicht vergessen werden und schon gar nicht dürfen sie von der AfD, einer braunen Partei mit blauem Anstrich, verherrlicht werden.
Es ist für uns unverständlich, dass die Antifaschistische Aktion die sich tagtäglich für Menschenrechte und gegen Nazis, sogenannte Patriot*innen und „Besorgte Bürger*innen“ einsetzt – ein Einsatz also, wie er immer wieder in den Sonntagsreden von Mädge, Weil, Steinmeier, Merkel und vielen anderen gefordert wird – durch die förmliche Einladung der AfD diffamiert wird. Die Antifa setzt sich tagtäglich für das ein, was die Politiker*innen so oft ansprechen, aber nur selten umsetzten. Als „Dank“ dafür werden werden sie diffamiert und schlechtgeredet. Wir wünschen uns von der Lüneburger Politik, dass sie mit denen zusammenarbeitet, die die Demokratie schätzen und schützen, für Menschenrechte und gegen Faschismus einstehen und nicht mit Parteien, die sich gegen die Demokratie und die Menschenwürde stellen.
Wie geschichtsvergessen muss die heutige SPD sein, dass sie einer rechtspopulistischen Partei durch die Deklarierung des Volkstrauertags als Staatsakt eine Bühne anbietet und so den sich ausbreiteten Rechtstendenzen Aufschwung gibt. Es ist der SPD unwürdig, dass sie im Trojanischen Pferd eines Staatsaktes die AfD in die Feierlichkeiten zum Volkstrauertag einschleust. Wir fordern die Ratspolitiker*innen auf, keine weiteren Sonntagsreden über Zivilcourage und Engagement gegen Rechts zu halten, wenn sie selbst mit dieser Quasi-Einladung dagegen verstoßen.
Die Lehren aus dem Nationalsozialismus sind für uns, dass wir es nicht noch einmal zulassen dürfen, dass Nazis, Rechtspopulist*innen und „Besorgte Bürger*innen“ die Lüneburger Straßen für sich erobern.
Deshalb rufen wir alle Lüneburger*innen auf, sich am Volkstrauertag mit uns gemeinsam am „Mahnmal für die Opfer des Faschismus“ einzufinden und der AfD deutlich zu machen, dass hier nicht ihr Gedenkort ist.
Hintergrundinfos: