Castor-Gegner wehrt sich gegen Strafbefehl
Ankläger wirft Kundgebungsleiter Olaf Meyer Aufforderung zu Straftaten vor
rast Lüneburg. Großdemo gegen den Castor-Transport am 5. November 2010 mit mehreren Hundert Menschen vor dem Bahnhof Lüneburg: Versammlungsleiter Olaf Meyer, der die Kundgebung für das linke Aktionsbündnis Castor-Widerstand angemeldet hatte, hält die Abschlussrede – und muss sich wegen einiger seiner Äußerungen nun am Donnerstag, 31. Mai, vor dem Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die „öffentliche Aufforderung zu Straftaten in Verbindung mit Störung öffentlicher Betriebe“ vor.
Olaf Meyer, Sprecher der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen und seit einem Vierteljahrhundert im Atom-Widerstand aktiv, endete nach eigenem Bekunden seine Rede mit den Worten: „Wir müssen alle gemeinsam mit unterschiedlichsten Aktionen den Castor aufhalten. Atomausstieg ist Handarbeit. In diesem Sinne: Castor Schottern.“ Während der beiden letzten Sätze habe er das Plakat der Kampagne „Castor Schottern“ auseinander gefaltet und es den Versammlungsteilnehmern gezeigt. Diese Sätze und das Hochhalten wertet die Staatsanwaltschaft als Aufforderung zu Straftaten.
Wie berichtet, versuchten im November 2010 etliche Demonstranten, den Castor-Zug durchs Schottern – das Wegräumen von Steinen unter den Gleisen – zu stoppen. Die Anklagebehörde hatte damals 1780 Ermittlungsverfahren gegen Menschen eingeleitet, die die Erklärung „Castor Schottern“ unterschrieben hatten. Mehr als 300 Verfahren wurden inzwischen eingestellt. Den restlichen Betroffenen hatte die Staatsanwaltschaft eine Einstellung angeboten, wenn diese je 50 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Der erste Prozess im Zusammenhang mit der Aktion „Castor Schottern“ lief im März 2012, das Amtsgericht verurteilte einen Rollstuhlfahrer (51) aus Tübingen zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen – machte insgesamt 375 Euro.
Laut Olaf Meyer wurde ihm von der Staatsanwaltschaft im Dezember 2011 das Angebot gemacht, sein Verfahren einzustellen: „Allerdings mit der Auflage, 300 Euro an den Verein ,Den Kindern von Tschernobyl´ zu zahlen.“ Er lehnte ab und bekam im Februar 2012 einen Strafbefehl in Höhe von 300 Euro zugestellt. Dagegen legte er Widerspruch ein und wehrt sich gegen die Zahlung nun am 31. Mai vor dem Amtsgericht.
Vor Prozessstart wollen sich Mitstreiter von Meyer vor dem Gericht treffen, um unter dem Motto „Solidarität hilft siegen“ Unterstützung für den Atomkraft-Gegner zu bekunden.
Landeszeitung, 22. Mai 2012