Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Wie Nazis Abweichler auf Linie bringen

Beim Prügeln zugeschaut

Am vergangenen Montag standen vier jugendliche Neonazis, drei Männer und eine Frau, vor dem Amtsgericht Lüneburg – wegen unterlassener Hilfeleistung. Die sahen zu, wie ihr Kamerad Daniel H. vom damaligen Stützpunktleiter der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN), Lasse K., heftig geschlagen und getreten wurde, so das Gericht. Von dem Quartett kam keine Hilfe. Das Gericht folgte den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft weitgehend. „Einer der Jugendlichen wurde zu Arbeitsstunden verurteilt, der andere zu einer Geldauflage und der etwas ältere Jugendliche zu einer Geldstrafe“, sagt Dietmar Hogrefe, Direktor des Amtsgerichts. Alleine der Frau konnte keine Beteiligung an der unterlassenen Hilfeleistung nachgewiesen werden.

Vor dem Landgericht Lüneburg muss sich Lasse K. mit einem weiteren Kameraden, der auch zugeschlagen haben soll, demnächst verantworten. In dem Streit soll es um Schulden gegangen sein. Doch einiges deutet darauf hin, dass Daniel H. wieder auf „Linie“ gebracht werden sollte. Denn er wollte aus der rechte Szene aussteigen, heißt es.

Die NPD hatte ihn im April vergangenes Jahr als treuen Mitstreiter inszeniert, der Opfer linker Gewalt geworden sei. Bei der Anreise zu einer Kundgebung in Buchholz war der Lautsprecherwagen der Nazis mit Steinen beworfen worden. Einer traf Daniel H., so dass er einen Schädel- und Nasenbruch erlitt. Am Krankenbett besuchte den 28-Jährigen Christian Berisha, Kader der NPD und Kreistagsabgeordneter von „UWL/Bündnis Rechte“. Auf seine Website stellte der niedersächsische NPD-Landesverband ein Bild von dem Besuch und versprach eine Belohnung von „1.000 Euro für Hinweise zur Ergreifung der Täter“.

Der spätere gruppeninterne Übergriff wird dagegen bei NPD und JN nicht groß bekannt gemacht. Die JN-Funktion soll Lasse K. aber verloren haben.

Andreas Speit

TAZ, 24. Februar 2011

Hinweis: Andreas Speit arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland