Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Erklärung der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen zur Neugestaltung der Benutzungsordnung für Schulräume in Lüneburg und zu der darin diffamierenden Gleichsetzung von Antifaschist_innen mit Nazis

Mit der Neugestaltung der Benutzungsordnung für Schulräume greift die Stadt Lüneburg erneut antifaschistische Initiativen an und setzt Antifaschist_innen mit Neonazis und anderen extremen Rechten gleich.

Mit Paragraf 4, Pkt. 14, verbietet die Stadt Lüneburg „rechtsextremistisches, antisemitisches oder anderweitig diskriminierendes Gedankengut“ in Schulräumen darzustellen. Darunter soll u.a. auch „das Tragen oder Mitführen entsprechender Symbole und Kleidungsstücke, deren Herstellung, Vertrieb oder Zielgruppe nach allgemein anerkannter Ansicht im rechts- bzw. linksradikalem Feld anzusiedeln ist“ fallen.

Die Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen weisst diese unzulässige Gleichsetzung zurück und fordert die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Partei Die Linke – die im Bündnis für Demokratie/Netzwerk gegen Rechtsextremismus mitarbeiten – auf, sich gegen die neue Benutzungsordnung für Schulräume auszusprechen und für eine inhaltliche Korrektur zu sorgen.

Die Formel vom politischen „Extremismus“ hat aktuell Hochkonjunktur. War die Extremismus-Theorie lange Zeit Spielwiese konservativer Wissenschaftler_innen und des Inlandsgeheimdienst, dem sog. „Verfassungsschutz“, so ist sie nun durch die Debatte um die Ausweitung der Bundesprogramme gegen „Rechtsextremismus“ u.a. auf „Linksextremismus“ durch die neue Familienministerin Schröder in Mode gekommen – mit fatalen Folgen. Die Gleichsetzung von „Rechts“ und „Links“ verharmlost und relativiert Nazi-Gewalt. Der Extremismusansatz verunmöglicht es auch, rassistische, nationalistische und antisemitische Motivationen als gesamtgesellschaftliches Problem zu begreifen und adäquat zu bekämpfen. Im Gegenteil: Es kommt zu einer Ausblendung und Verharmlosung. Die Extremismustheorie ignoriert bewusst, dass beispielsweise der Nationalsozialismus nur möglich war, weil Antisemitismus, Antikommunismus und antidemokratische Einstellungen bis weit in die Mitte der deutschen Gesellschaft verankert waren.

Der Gehalt des abstrakten Extremismusbegriffs ist äußerst fragwürdig. Er impliziert, dass „Linksextremismus“ und „Rechtsextremismus“ zwei sich vom Grunde her ähnliche politische Bewegungen seien, die zum Ziel hätten, die Demokratie und Menschenrechte abzuschaffen. Dass allerdings die Ablehnung von Menschenrechten und demokratischen Überzeugungen keine linken Grundideen sind, sie jedoch zum Standardprogramm aller nationalistischen und rassistischen Gruppen gehören, wird dabei genauso übersehen, wie die Tatsache, dass es seit 1989 fast 150 Todesopfer durch Neonazis und andere Rassisten gab.

Mit der unzulässigen Gleichsetzung von „rechts“ und „links“ durch den Terminus „Extremimus“ werden die fundamentalen Unterschiede zwischen rechts (= Ungleichheit, Hierarchie, Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus) und links (= Gleichheit, Internationalismus, Solidarität, Mitmenschlichkeit und Klassenanalyse) nivelliert. Der Extremismus-Ansatz samt seiner Terminologie kann kein positiver Anknüpfungspunkt sein. Der damit transportierte Inhalt immunisiert den liberalen Verfassungsstaat vor jeglicher Kritik, verschiebt das Problem der extremen Rechten auf den Randbereich des politischen Spektrums und leugnet die Wechselwirkung zwischen Diskursen der politischen Mitte und der Stärkung der extremen Rechten.

So stellt sich Spitze der Stadt Lüneburg nicht auf die Seite derer, die sich seit Jahren kontinuierlich gegen die Nazis und andere extreme Rechte engagieren. Mit den gewählten Formulierungen – die sicher nicht unbewusst als „augenfälligste Ergänzung“ bezeichnet werden – wird antifaschistisches Engagement kriminalisiert, das Bündnis zivilgesellschaftlicher und demokratischer Kräfte geschwächt und das Agieren neofaschistischer Gruppierungen erleichtert.

Nachdem der Lüneburger Polizeipräsident Niehörster zuletzt eine Umweltaktivistin als „krank“ und „verrückt“ diffamiert hat, geht die Stadt Lüneburg diesen Weg nun weiter, indem sie Antifaschist_innen mit Nazis auf eine Stufe stellt. Diese Diffamierungen und Beleidigungen weisen wir zurück und fordern die Herren Niehörster und Mädge auf, solche Äußerungen zu unterlassen.

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