Brutaler Streit unter Neonazis
Vier junge Leute müssen sich wegen unterlassener Hilfeleistung vor Gericht verantworten
ca Lüneburg. Nach außen geben sich die jungen Rechten als aufrecht und scheinen um gutes Auftreten bemüht. Hinter den Kulissen sieht es anders aus. Einen Einblick gewährt heute ein Prozess vor dem Lüneburger Amtsgericht. Dort müssen sich unter anderem NPD-Aktivisten verantworten. Doch letztlich geht es um zwei Verfahren. Hintergrund ist ein Streit, den der damalige „Stützpunktleiter“ der Jungen Nationaldemokraten, Lasse K., mit einem Bekannten hatte. Laut Gericht soll K., versucht haben, angebliche Schulden einzutreiben. Dabei soll er gemeinsam mit einem Mittäter Daniel H. geschlagen haben. Gegen das Duo läuft ein gesondertes Verfahren am Landgericht.
Doch gegen vier junge Leute, darunter ein 16-Jähriger aus dem Landkreis, hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung erhoben. Gerichtssprecher Dr. Bernd Gütschow nennt den Vorwurf: Das Quartett habe nicht eingegriffen, als Daniel H. verprügelt worden ist. Die Lüneburger NPD hat seit Mai einen neuen Stützpunktleiter, denn nach Informationen aus der Partei hielt man Lasse K. inzwischen nicht mehr für besonders geeignet, das Image ordentlich und freundlich nach außen zu vertreten.
Intern scheint er aber noch zur Szene dazuzugehören. Noch im Frühjahr war K. bei der Jahresversammlung der Partei „neu in den Vorstand des drittstärksten Mitgliederverbandes der NPD in Niedersachsen gewählt“ worden, wie sie selbst berichtet.
Dass es bei der Auseinandersetzung nur um Schulden ging, bezweifeln Beobachter. Denn Daniel H. soll der rechten Bewegung den Rücken gekehrt haben. Dies könnte einigen nicht gepasst haben, denn kurz zuvor hatte die Partei H. noch als treuen Aktivisten präsentiert, der zum Opfer der Linken geworden sei. Im April war H. bei einem Aufmarsch der Rechten in Buchholz durch einen Steinwurf vermutlich aus der linken Szene schwer verletzt worden und musste auf die Intensivstation. Auf ihren Internetseiten hat die NPD ein Bild von Daniel H. veröffentlicht: Der Lüneburger UWL-Kreistagsabgeordnete und NPD-Kader Christian Berisha besucht den 28-Jährigen am Krankenbett. Bis heute ist niemand vor Gericht für die Attacke auf H. zur Verantwortung gezogen worden. Ein Polizeisprecher: „Es gab keinen Prozess.“ Das aktuelle Verfahren soll um 11 Uhr im Amtsgericht beginnen.
Landeszeitung, 15. Dezember 2010
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