Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Ronahî bedeutet Licht

In Gedenken an Andrea Wolf

Am 23. Oktober 1998 wurde Andrea Wolf vom türkischen Militär nach ihrer Gefangennahme während eines Gefechts bei Van in den kurdischen Bergen erschossen. Andrea wurde verwundet gefangengenommen und kurze Zeit später hingerichtet. Mit fielen weitere Angehörige der kurdischen Befreiungsarmee. Drei Tage später fand die Guerilla die Leiche von Andrea und den anderen Freund_innen, die in der Gefangenschaft ermordet wurden und begruben sie in den Bergen. Andrea hatte sich der kurdischen Befreiungsbewegung angeschlossen und kämpfte in einer Fraueneinheit.

Andreas Geschichte ist eng verknüpft mit der Geschichte der radikalen Linken in der BRD. Anfang der 1980er Jahre kommt es in der BRD zu massenhaften Protest- und Widerstandsaktionen. Die Autonome-Bewegung entsteht, in der Andrea aktiv wird. Sie liebte Punkkonzerte wie sie auf Demos ging und Widerstand organisierte. Kultur und Kampf gehörte für sie zusammen. In regelmäßigen Abständen wird sie mit der Staatsgewalt konfrontiert. Im Oktober 1981 wird sie das erste mal inhaftiert. Sie beteiligte sich an Hausbesetzungen und am Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf und Startbahn West, gegen Nazitreffen. Immer wieder war Andrea auf der Straße, war treibende Kraft in Auseinandersetzungen und Organisationsprozessen. Sie war am Aufbau revolutionären, feministischen Widerstands ebenso beteiligt wie an weiteren politischen Initiativen und sozialen Kämpfen. 1987 kam sie dann für drei Monate in Isolationshaft. Trotz der Bedingungen der Isolationshaft konnte sie mit anderen politischen gefangenen Frauen Kontakt aufnehmen, was ihr Legen entscheidend veränderte: die Freiheit der politischen Gefangenen und der Kampf gegen die Folter bekam sehr großes Gewicht in ihrem Leben.

Der Staat ließ nichts unversucht, um Andrea wieder und wieder in die Enge zu treiben. So schleuste der Staatsschutz den Spitzel Steinmetz in linke Gruppen. Auch Andrea und ihre Genossinnen und Genossen waren in Kontakt mit ihm. Der Spitzel Steinmetz lieferte Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld, beide organisiert in der RAF, dem Bundeskriminalamt und der GSG 9 aus. Am 27. Juni 1993 wurde Wolfgang Grams bei seiner Festnahme in Bad Kleinen ermordet, Birgit Hogefeld wurde festgenommen und zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Andrea war von diesem Ereignis und den gesamten Konsequenzen sehr erschüttert. Im Anschluss versuchte man ihr eine Beteiligung an dem Anschlag der RAF auf den Knast in Weiterstadt anzuhängen, obwohl sie zur Zeit dieses Anschlages in Mittelamerika war. Andrea war mehr als unbequem für den Verfassungsschutz, denn sie machte öffentlich, daß Steinmetz und somit auch der Verfassungsschutz von Weiterstadt vorher gewußt hatten. Ihre WG, ihr gesamtes Umfeld wurde versucht zu kriminalisieren, einige sollten zu Aussagen erpresst werden, Freund_innen kamen in Beugehaft. Zu ihrer Zeugenvorladung ist Andrea damals nicht erschienen. Sie wollte erstmal die Situation in sicherer Entfernung neu einschätzen und bewerten, denn eine Verhaftung und eine längere Haftstrafe gegen sie erschien ihr sicher. Nachdem man einige Briefe von ihr an Genoss_innen abgefangen hatte, eröffnete die Bundesanwaltschaft ein neues Ermittlungsverfahren gegen sie und andere Freund_innen. Jetzt wegen dem angeblichen Aufbau einer „neuen terroristischen Vereinigung, nach dem Vorbild der RAF, orientiert an der Strategie der PKK.“

Andrea hatte schon lange vor der Zuspitzung der Repression eine Beziehung zur kurdischen Befreiungsbewegung und sich entschlossen nach Kurdistan zu gehen, um dort für einige Zeit am Befreiungskampf teilzunehmen. Andrea setzte sich mit dem Internationalismus der PKK auseinander und stieß dabei auf den Befreiungskampf der Frauen und dessen Rolle in der Revolution der PKK. Die Entwicklungen der Frauenarmee der YAJK übte eine besondere Anziehungskraft auf sie aus. Sie wollte sie kennenlernen, hier wollte sie Erfahrungen sammeln und natürlich auch ihre Erfahrungen einfließen lassen. Sie beteiligte sich dann als Internationalistin in der Frauenarmee der YAJK. Doch so sehr sie den kurdischen Befreiungskampf auch lieben lernte, so war es ihr Ziel nach Europa zurückzukommen, um am Neuaufbau revolutionärer Politik mitzuarbeiten. Der Anschluss an die Guerilla der PKK, an die Frauenarmee der YAJK hatte für sie vor allem ein Ziel: Die Revolution in Kurdistan kennen zu lernen, von ihr zu lernen, um für die Kämpfe in Europa neue Ansätze zu finden. In Briefen aus den Bergen Kurdistans berichtete sie über den Befreiungskampf der Frauen in Kurdistan, über die Versäumnisse der Linken in der BRD, die neuerschaffenen Werte des Kampfes der PKK und welche Impulse sie für den Kampf in der BRD geben können. Mit dem Anschluss an die PKK nannte sich Andrea Ronahî, was auf deutsch Licht bedeutet.

Ronahî hat mit ihrem internationalistischen Verständnis in Kurdistan an der Seite des kurdischen Volkes gegen Faschismus und Unterdrückung gekämpft. In diesem Kampf ist sie gefallen.

Wir gedenken heute unserer Genossin Andrea Wolf-Ronahî. Ihr Leben und Kampf war und ist ein Teil unserer eigenen Geschichte. Unsere Aufgabe ist es heute, Ronahîs Kraft weiterleben zu lassen, ihren Mut, ihre Entschlossenheit, ihre Liebe für die Menschheit und für den Freiheitskampf der Völker weiterzutragen.

Unsere gefallenen Revolutionärinnen und Revolutionäre sind unsterblich! Serhit namerin!

Ronahî, wir werden Dich nie vergessen!
In jedem Schritt der Befreiung wirst Du weiterleben!
Unser Kampf für das Leben!

Weitere Informationen:
www.andrea.libertad.de

· Schlagwörter: , , , ,