Gegen jede Relativierung von Faschismus und Krieg und Verharmlosung von deutschen Kriegsverbrechern!
Offener Brief an die Redaktion des Kreisboten
In der aktuellen Ausgabe des Kreisboten (Nr. 7, 13.02.2013) wird ein Buch über den Kriegsverbrecher und Generalfeldmarschall Erhard Milch in einer Anzeige beworben und der Autor dieser Dokumentation, Michael Maué, interviewt.
siehe Kreisbote (Nr. 7, 13.02.2013, Seite 1, unten)
Ohne einen Hinweis auf die Funktion von Erhard Milch im nationalistischen Staat und seine Mitverantwortung für Verbrechen und Krieg, wird er in der Anzeige als „Luftfahrtmanager, dem der Marschallstab in die Hand gedrückt wurde“ verharmlost.
Erhard Milch war überzeugter Nationalsozialist und ranghoher Funktionsträger des NS-Regimes und der deutschen Luftwaffe. Er war mitverantwortlich für die Verbrechen und den Krieg Nazideutschlands. Als Generalfeldmarschall und Generalluftzeugmeister war er für die Rüstungsproduktion und den Luftkrieg der deutschen Luftwaffe verantwortlich. In dieser Funktion war er auch verantwortlich für Menschenversuche der Luftwaffe im Konzentrationslager Dachau und den Einsatz und die menschenverachtende Ausbeutung von Zwangsarbeitern in der Rüstungswirtschaft. Dafür wurde er 1947 vor dem amerikanischen Militärgerichtshof als Kriegsverbrecher zu lebenslanger Haft verurteilt.
Um was für ein Buch es sich hier handelt, lässt sich aufgrund zweier vom Autor selbst genannten Quellen erahnen. Maué nennt in seiner Anzeige Bücher von David Irwing und Theo Osterkamp. Osterkamp war selbst General und Jagdflieder der deutschen Luftwaffe.
Der Historiker und Autor David Irving ist seit Jahren einer der bekanntesten Geschichtsrevisionisten und Holocaustleugner. Schon in den 1970er Jahren leugnete er Deutschlands Initiative am Zweiten Weltkrieg. Er unterhält weltweit Kontakte zu extrem rechten Gruppierungen und auch in die deutsche Neonaziszene. In Österreich wurde er wegen einem Verstoß gegen das Verbot der NS-Wiederbetätigung und der Leugnung der Existenz von Gaskammern in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern bei Vorträgen zu einer Haftstrafe verurteilt.
Das Buch von Theo Osterkamp erschien 1970 im Vowinckel-Verlag. Seit Ende der 1950er Jahren verlegte dieser Verlag überwiegend sogenannte „Kriegserinnerungsliteratur“ und gehörte zu den größeren extrem rechten Verlagen in Deutschland. Heute befindet sich dieser Verlag unter dem Dach der „Verlagsgesellschaft Berg“, in der der Druffel-Verlag, der Türmer-Verlag und der Vowinckel-Verlag zusammengefasst wurden und seit Ende der 1990er Jahre von Gert Sudholt geleitet wird. In dieser Verlagsgemeinschaft des langjährigen Präsidenten der faschistischen „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP), Gert Sudholt, vereinigen sich drei Verlage des extrem rechten Spektrums, die seit ihrem Bestehen sowohl der GfP als auch dem Deutschen Kulturwerk europäischen Geistes nahestanden und ein geschichtsrevisionistisches und nationalistisches Gesamtprogramm verlegen.
Ohne einen Hinweis auf die geschichtlichen Hintergründe und die Person Erhard Milch, wird hier ein Nazi und Kriegsverbrecher verharmlost. Auch im Interview finden sind keine kritischen Nachfragen oder eine historische Einordnung.
Schon bei der Art und Weise wie sich der Autor Michael Maué präsentiert, hätten die Alarmglocken läuten müssen. Für ein Foto posiert er vor einem Bild des Malers Arthur Illies. Dieser war in der Zeit des deutschen Faschismus ein gefragter und protegierter Maler. Er war Mitglied im von Alfred Rosenberg geleiteten „Kampfbund für deutsche Kultur. 1935 erstellte er Entwürfe für die „Ruhmeshalle“ im Lübecker Holstentor mit marschierenden NS-Kolonnen. Seit 1941 war er mehrfach auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Münchener Haus der Kunst mit Gemälden vertreten, darunter mit einem Ölgemälde „Heimkehr der Flotte der Legion Condor“.
Vom Kreisboten hätten wir uns eine tiefergehende Recherche über die Hintergründe des Buches und des Autors gewünscht, um jede Form der Relativierung der Naziverbrechen und eine mögliche Verharmlosung von Naziverbrechern zu verhindern.
Lüneburg, 14. Februar 2013
Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen