67. Jahrestag der Befreiung
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Am 8. Mai 2012 jährt sich zum 67. Mal der Tag der militärischen Niederwerfung Nazi-Deutschlands. Der verbrecherische Krieg, den Deutschland begonnen hatte, endete mit der bedingungslosen militärischen Kapitulation. Dieses Datum markiert den Sieg über das menschenverachtende Regime des deutschen Faschismus, das politische Gegner und Andersdenkende ausgrenzte, verfolgte und tötete. Welches Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma millionenfach ermordete und das alle Nachbarstaaten in Europa und selbst Länder und Völker in anderen Teilen der Welt mit Krieg, Okkupation und Vernichtung überzog; ein Krieg, der weit über 50 Millionen Menschen das Leben kostete.
Der Faschismus kam nicht über Nacht. Gefördert und unterstützt durch die Reichswehrgeneralität, durch Vertreter der Großbanken und Großindustrie sollte die NSDAP die alten Ziele antidemokratischer Herrschaft im Inneren und deutsche Hegemonie nach Außen umsetzen. Diese Politik verursachte millionenfaches Leid in allen vom deutschen Faschismus okkupierten Ländern.
Lüneburg – 1945
Am 18. April 1945 besetzten britische Truppen Lüneburg und beendeten das 12jährige Terrorregime der Nazis. Am 3. Mai 1945 traf eine deutsche Verhandlungsdelegation unter der Führung des von Hitlers Nachfolger beauftragten Generaladmirals von Friedeburg bei Montgomery ein. Am 4. Mai 1945 kapitulierten auf dem Timeloberg die deutschen Truppen in Nordwestdeutschland, Dänemark und Holland. Um 18 Uhr fand die Unterzeichnung der Kapitulation statt, am 5. Mai 1945 um 8 Uhr morgens war der Krieg in Norddeutschland endlich vorbei.
Feldmarschall Montgomery nannte den Timeloberg später „Victory Hill“. Er ließ einen Gedenkstein mit Bronzetafel mit folgender Inschrift aufstellen: „Hier ergab sich am 4. Mai 1945 bedingungslos eine Abordnung des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht dem Feldmarschall Montgomery mit sämtlichen Land-, See- und Luftstreitkräften in Nordwest-Deutschland, Dänemark und Holland.“
Diese Tafel wurde kurz darauf gestohlen. Im Jahre 1958 wurde das Denkmal abgebaut und auf dem Gelände der Sandhurst Royal Military Academy wieder aufgebaut. Das Areal um den Timeloberg ist heute Standortübungsplatz der Bundeswehr. Im Laufe der Jahre wurde das Gelände umgestaltet, so dass der Originalschauplatz kaum noch zu erkennen ist. Lediglich ein altes Betonfundament mitten im Wald markiert die Stelle. 1995 wurde am Rande des Hügels, außerhalb des Übungsplatzes, ein neuer Gedenkstein aufgestellt.
In den Tagen vom 7. bis 11. April 1945 kamen 256 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme in Lüneburg ums Leben. Sie starben bei einem Bombenangriff auf den Lüneburger Bahnhof zusammengepfercht in Viehwagons oder wurden in den Tagen danach durch Wehrmachtssoldaten und einen SS-Mann erschossen. Allein am 11. April 1945 fielen 60 bis 80 Männer einer Hinrichtung zum Opfer. Geflohene Häftlinge wurden von Polizei und einigen Lüneburger Bürgern gejagt und wieder gefasst und so einige Tage vor Kriegsende noch ermordet. Die Toten wurden später im Tiergarten beigesetzt, wo heute ein Ehrenmal an sie erinnert.
Gegen deutsche Opfermythen – Rechte Kontinuitäten bekämpfen!
67 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der militärischen Zerschlagung Nazi-Deutschlands vollzieht sich ein subtiler Wandel der öffentlichen Erinnerungs- und Gedächtniskultur. Kinofilme wie „Der Untergang“ zeigen den privaten Hitler, Fernsehdokumentationen wie „Hitlers Helfer“, „Eine Warnung an die Geschichte“ über die SS und viele andere mehr widmen sich auf ganz eigene Weise dem Nationalsozialismus und den deutschen Verbrechen, denen am 8. Mai 1945 ein Ende gesetzt wurde: Plötzlich gibt es nur noch Opfer auf beiden Seiten, maximal einige wenige „Helfer“ oder „Verführte“. Es nehmen auch jene Dokumentationen und Zeitungsberichte zu, die Deutsche als Opfer in den Vordergrund der Betrachtung rücken: Seien es die Vertriebenen, denen ganze Artikelserien gewidmet werden, oder Berichte über den Bombenkrieg der Alliierten und die armen deutschen Opfer, die ganze Bildbände füllen. In den Buchläden findet man folgerichtig auch eher solche Literatur wie „Der Brand“ von Jörg Friedrich an zentraler Stelle, als Berichte über Zwangsarbeiter_innen, „Arisierung“ und Terror der Nazis in Deutschland. Als hätten die deutschen Opfer nicht jahrzehntelang deutsches NS-Gedenken bestimmt, übertrumpfen sich seit einigen Jahren die verschiedensten Medien mit Berichten über frierende Soldaten in Stalingrad, verhungernde Vertriebene, brennende Städte etc.. Dieser wiederauflebende Opfermythos hilft dabei, das unbequeme Kapitel der deutschen Geschichte, den Faschismus, erneut in den Hintergrund zu rücken, schließlich gilt dieser längst als aufgearbeitet und bewältigt. Mit der Zwangsjacke der Totalitarismuskonzeption (fälschliche Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus) wird in Politik, Medien, Bildung und Wissenschaft darauf hingearbeitet, die Nazibarbarei und die weltgeschichtlich singuläre Dimension ihrer Verbrechen zu relativieren.
Dem bleibt gegenüber zu stellen, dass der 8. Mai nach wie vor für die Befreiung vom Faschismus steht. Für das Ende der industriellen Vernichtung von Juden und Jüdinnen und den Terror der von der Mehrheit der Deutschen gestützten NS-Herrschaft. Vergangenheit kann nicht „bewältigt“ werden, vielmehr gilt, es in Zeiten wie diesen dafür zu sorgen, dass der deutsche Opfertaumel nicht hegemonial wird.
Die Lehren des 8. Mai 1945 – heute so aktuell wie je
Die faschistischen Weltherrschaftspläne wurden durch das gemeinsame Handeln der Anti-Hitler-Koalition gestoppt. Es waren die Angehörigen der Streitkräfte der Alliierten, vor allem die Angehörigen der sowjetischen Armee, die die Hauptlast des Krieges trugen, die diese Bedrohung militärisch zerschlugen. Es waren die Partisan_innen und Widerstandskämpfer_innen in allen vom deutschen Faschismus okkupierten Ländern, die ihr Leben einsetzten und für die Freiheit ihrer Heimat kämpften. Teil dieser Anti-Hitler-Koalition waren auch deutsche Antifaschist_innen, die illegal in Deutschland, in den Reihen der Partisan_innen oder gemeinsam mit den alliierten Streitkräften für die Befreiung ihres eigenen Landes kämpften.
„Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ – das war vor 67 Jahren die Erkenntnis, die Millionen Deutsche im Konsens aus dieser Katastrophe zogen. Sie ist – oft vergessen – heute immer noch aktuell.
Heute erleben wir in der Bundesrepublik Deutschland in hohem Maße eine immer weitere Abkehr von den Lehren und Schlussfolgerungen, die Gegner und Opfer von Militarismus und Faschismus damals beschworen und seither verfolgt haben: Die Beteiligung der Bundesrepublik an völkerrechtswidrigen militärischen Interventionen und Okkupationen sowie die zielstrebige Umrüstung der Bundeswehr für globale Interventionsaufgaben, aber auch die Mitwirkung an der Ausweitung der NATO und der Militarisierung der EU. Es wird ein massiver Abbau von demokratischen- und Bürgerrechten, rechts- und sozialstaatlichen Standards durchgesetzt. Gewerkschaftliche Rechte werden auf breiter Front angegriffen und beseitigt. Die Neofaschisten und Rassisten wittern in chronisch hoher Arbeitslosigkeit, Lehrstellenmangel und massivem Abbau im Sozial-, Bildungs- und Kultursektor neue Chancen hemmungsloser Demagogie. Woche für Woche kommt es zu Aufmärschen neofaschistischer Gruppen und neofaschistische Parteien ziehen wieder in die Parlamente ein.
Am 8. Mai feiern wir das Ende des Nazi-Regimes. An diesem Tag danken wir allen, die für die Befreiung vom deutschen Faschismus gekämpft haben und gedenken aller, die unterdrückt, eingesperrt und ermordet wurden. Der 8. Mai 1945 bedeutete für viele tausend Menschen in den Gefängnissen und Konzentrationslagern die Rettung vor der sicheren Vernichtung. Für viele Millionen Menschen kam der 8. Mai 1945 zu spät, sie waren bereits ermordet worden. Selbst in den letzten Kriegswochen noch wurden alle verfügbaren Ressourcen mobilisiert, um die Vernichtungsmaschinerie am Laufen zu halten.
Mit dem Ende des Krieges waren jedoch die gesellschaftlichen Bedingungen des deutschen Faschismus nicht beseitigt. Im Zuge der Wiederherstellung der alten Macht- und Eigentumsverhältnisse und der Wiederaufrüstung in der Bundesrepublik wurden Nazi- und Kriegsverbrecher in allen Bereichen der Gesellschaft rehabilitiert und konnten auch wieder in höchste Staats- und Verwaltungsämter zurückkehren. Auch diejenigen Ideologien, die die Grundlage der Weltanschauung der Nazis bilden, wie Antisemitismus, Rassismus, Sexismus, Militarismus und Antikommunismus sind 67 Jahre nach der Befreiung noch gesellschaftliche Realität.
In den letzten zehn Jahren ermordete die neonazistische Terrorgruppe NSU mindestens 10 Menschen – darunter 9 aufgrund ihres migrantischen Hintergrunds – und verletzte weitere bei Bombenanschlägen. Der Staat – Polizei und Geheimdienste – hat diese rassistische Killertruppe nicht verfolgt, sondern gedeckt! Seit Jahren werden die Nazi-Szene, NPD und Kameradschaften vom Staat finanziert, durch Wahlkampfkostenerstattung und Gehälter für Spitzel. Einen rassistischen Hintergrund der Mordserie hat die Polizei immer geleugnet, sprach von „Dönermorden“, stempelte die Opfer zu Kriminellen ab und gab ihnen damit mitschuld an ihren eigenen Tod.
Mit dem Wissen, dass wir den Kampf gegen Faschismus, Antisemitismus und Rassismus in die eigene Hand nehmen müssen, feiern wir am 8. Mai den Tag der Befreiung. Wer nicht feiert, hat verloren!
Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!
· Schlagwörter: 8. Mai, Antifaschismus, Tag der Befreiung