Brauner Wachdienst
Die von Manfred Börm geführte Ordner-Truppe der NPD gilt als „militant und unberechenbar“.
Der NPD-Bundesordnerdienst scheint nicht nur bei Medienvertretern, sondern auch in den eigenen Reihen umstritten. So soll es immer wieder mit Schwierigkeiten verbunden sein, geeigneten Nachwuchs für die braune Wachtruppe von Bundesvorstandsmitglied Manfred Börm zu rekrutieren. „Der Bewerber erkennt die Grundlage unserer nationalistischen Weltanschauung an. Er ist bereit, nach diesen Grundsätzen sein Leben auszurichten“, heißt es im „Meldeblatt“ für Interessenten. Zum erwarteten „Anforderungsprofil“ gehört, dass sich der Bewerber in die Gemeinschaft „einfügen“ und bereit sein muss, „seine Leistungsfähigkeit stets zum Nutzen aller zu verbessern“.
In der Juli-Ausgabe 2006 widmete sich die „Deutsche Stimme“ (DS) dem parteieigenen Bundesordnungsdienst (OD). „Die Kameraden des Parteiordnungsdienstes haben die rechte Gesinnung. In soldatischer Pflichterfüllung versehen sie ihren Dienst an der und für die Gemeinschaft“. Nicht nur bei Journalisten und politischen Gegnern sind die Männer in den weißen Hemden und schwarzen Hosen gefürchtet, auch innerhalb der rechten Szene gelten Börm und der seit 2001 von ihm geführte OD als „militant und unberechenbar“. Von den Mitgliedern wird bedingungsloser Gehorsam erwartet, internes darf nicht nach draußen dringen. In der Regel sind die Mitglieder des OD zwischen 18 und 30 Jahre alt, sie werden in geheimen Schulungscamps „umfassend ausgebildet“. Die Neonazis sollen lernen, „die Hasstiraden ihrer Gegner, die Gegner Deutschlands sind“, von sich abprallen und „Verleumdungen ehrvergessener Systemknechte zur Ehre anrechnen“ zu lassen. Vermummten Antifaschisten dagegen darf der OD „offen die Stirn bieten“, heißt es in der DS.
In den Reihen des NPD-Ordnerdienstes tummeln sich zahlreiche vorbestrafte und verurteilte Neonazi-Straftäter. Die beiden Anführer Manfred Börm und sein Stellvertreter Andreas Theißen waren in der 1994 verbotenen „Wiking-Jugend“ aktiv. Börm fungierte bis zum Verbot als „Gauführer Nordmark“ der WJ. Zahlreiche ehemalige Mitglieder der „Wiking-Jugend“ und anderer verbotener Gruppierungen finden sich beim OD wieder. 1992 fand auch ein Ordner-Lager in dem mit Jürgen Rieger verbundenen Neonazi-Zentrum „Hetendorf“, das 1998 behördlich geschlossen wurde, statt.
Seit der Gründung des NPD-Ordnungsdienstes Ende der 60er Jahre sorgten dessen Mitglieder durch aggressives Auftreten, aber auch gewalttätige Aktionen immer wieder für Aufsehen. 1969, während des Bundestagswahlkampfes, schoss der damalige „Bundesbeauftragte für den NPD-Ordnerdienst“ Klaus Kolley in der Kasseler Stadthalle zwei jugendliche Gegendemonstranten nieder. Im selben Jahr übernahm der spätere Landeschef Udo Holtmann die Leitung des Ordnerdienstes der NPD in Nordrhein-Westfalen. 1970 waren Holtmann und andere Ordner betroffen, als im Ruhrgebiet ein rechtsradikaler Geheimbund aufflog, der sich „Europäische Befreiungsfront“ nannte. Bei Hausdurchsuchungen wurden Waffen und Munition gefunden. Ende der 70er Jahre hatte Börm mit Kameraden ein Waffenlager der NATO überfallen, er war zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. 1997 wurden junge Nationalisten aufgefordert: „Wenn wir also unser Volk retten wollen, so müssen wir diesen Kampf bedingungslos aufnehmen und zwar auf allen Ebenen … Organisiert Euch im Ordnerdienst der NPD/JN!“.
Offiziell treten Ordnerkräfte bei NPD-Großveranstaltungen auf. Ausgestattet mit Funkgeräten, Knopflautsprechern und Lederhandschuhen versuchen sie immer wieder, Gegner einzuschüchtern. Allzu kritische Journalisten werden von ihnen aus öffentlichen Veranstaltungen entfernt oder bedroht: „Wir haben eine Akte über dich!“ Ordner versuchen, sich Privatadressen von Medienvertretern zu notieren. Börms Bild von einer schlagkräftigen Einsatztruppe findet so Zuspruch bei manchen Anhängern: „Wir brauchen wieder einen organisierten Ordnerdienst, der zerbricht, was sich uns in den Weg stellt“. Solche Parolen werden in die Tat umgesetzt. Beim Wahlkampfauftakt der NPD in Schleswig-Holstein im Dezember 2004 schlugen zwei NPD-Ordner eine bereits am Boden liegende Gegendemonstrantin. Andreas Theißen griff am Wahlabend in Schwerin im September 2006 einen Fotografen gewaltsam an. Gegen die NPD-Ordner Christian von Velsen und Christian Fischer aus Niedersachsen laufen staatsanwaltliche Ermittlungen wegen „Bildung einer bewaffneten Gruppe“.
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