Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Stadt Lüneburg beschäftigte Neonazi-Aktivistin in einem Kindergarten

Seit einiger Zeit war die bekannte Neonazi-Aktivistin Birkhild Teißen aus Langenheide, als Erzieherin in zwei städtischen Kindergärten beschäftigt. Zunächst in Ochtmissen und ab 1. August am Marienplatz. Trägerin beider Einrichtungen ist die Hansestadt Lüneburg, der auch bekannt war, welche politischen Ideen Birkhild Theißen vertritt und in welchen Kreisen sie verkehrt. Vor ihrem mehrjährigen Mutterschutzurlaub war sie vermutlich schon einmal in einer anderen Lüneburger Kindertagesstätte beschäftigt.

Birkhild Theißen stammt aus der Familie Berg aus Toppenstedt. Ihr Vater, Uwe Berg, betreibt eines der größten Nazi-Antiquariate der Bundesrepublik. Die Familie war lange Jahre in der mittlerweile verbotenen „Wiking-Jugend“ und ist heute im völkischen „Strumvogel“ aktiv. Enge Verbindungen bestehen auch zur antisemitischen und rassistischen Nazisekte „Artgemeinschaft“, die bis zu seinem Tod von Jürgen Rieger geleitet wurde. Birkhild Theißen hat Kontakte zu Mitgliedern der NPD und Frauen aus der Gemeinschaft Deutscher Frauen (GDF) und nahm mit ihren Kindern an Lagern der ebenfalls verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) teil. Auf ihrem Grundstück in Langenheide, einem Ortsteil von Lübtheen, fanden Lager der HDJ statt. Durch ihre Arbeit mit Kindern, wurde sie in Mecklenburg-Vorpommern überregional bekannt. Sie trat als Elternsprecherin in der Grundschule eines ihrer Kinder auf und zeitweilig war sie auch Betreuerin einer Krabbelgruppe für Kleinkinder.

Verheiratet ist Birkhild Theißen mit Andreas Theißen. Dieser bekannte und vorbestrafte NPD-Funktionär ist Kreisvorsitzender der NPD in Westmecklenburg und Wahlkreismitarbeiter vom NPD-Fraktionsvorsitzenden, Udo Pastörs. Andreas Theißen war von 1992 bis zum Verbot 1994, „Unterführer“ in der „Wiking-Jugend“. Auch er gehörte der HDJ an. Mit dem Lüneburger Manfred Börm leitet er auch den sog. „Ordnungsdienst“ der NPD. 1999 wurde Andreas Theißen vom Amtsgericht Hagenow, wegen einem Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz, zu einer 15monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Nachdem er Journalisten angegriffen hatte wurde er im April 2008 wegen Körperverletzung und Nötigung verurteilt.

Auch zwei Schwestern von Birkhild Theißen arbeiten mit Kindern und Jugendlichen. Eine als Lehrerin in Salzhausen, die andere in einem Spielkreis für Kinder. Eine Schwägerin war als Vertretungsehrerin an der Grundschule iin Garstedt tätig.

Frauen aus dem Umfeld der NPD und anderer neofaschistischer Organisationen lassen sich zu Elternsprecherinnen wählen, arbeiten ehrenamtlich in Vereinen oder hauptamtlich in pädagogischen Berufen. Ihr Ziel: Vertrauen gewinnen, Beziehungen knüpfen, Normalität herstellen. Um dann in einem nächsten Schritt extrem rechte Einstellungen zu verbreiten, zum Beispiel, indem sie sich als Elternvertreterinnen dafür engagieren, den Anteil von Kindern migrantischer Herkunft an einer Schule möglichst gering zu halten. Frauen scheinen hierfür besser geeignet, schließlich passen sie nicht ins verbreitete Bild des gewalttätigen männlichen Neonazis. Und doch stehen sie wie diese für eine Ideologie, die die allgemeinen Menschenrechte nicht anerkennt und demokratische Grundwerte ablehnt. Zumeist bleiben extrem rechte Frauen oft lange unerkannt. Dadurch gelingt es ihnen sogar besser als den Männern, ihr Gedankengut in die Gesellschaft zu tragen. Die Tätigkeit als Sozialpädagogin ist strategisch angelegt. Es geht den Nazis darum, sich als sozial engagiert, zuvorkommend und politisch unauffällig zu präsentieren. Birkhild Theißen ist kein Einzelfall. Immer mehr rechtsgerichtete Jugendliche melden sich in Ausbildungseinrichtungen an, um dort Berufe wie HeilerziehungspflegerIn, ErzieherIn oder eben SozialassistentIn zu erlernen. Ein Auslöser für das neuerliche Interesse an pädagogischer Arbeit könnte der Aufruf der rechten Autorin Hanna Schirmacher in der NPD-Zeitung Deutsche Stimme sein. Der vorschulische Bereich müsse mehr denn je von „den Nationalen“ anvisiert werden, forderte sie dort. Ziel sei die Rückbesinnung auf „bewährte Inhalte und Strukturen“.

Nachdem sich Journalist_innen bei der Stadt Lüneburg über die Beschäftigung Theißens im städtischen Kindergarten erkundigt hatten, wurde sie umgehend beurlaubt. Dennoch ist es ein Skandal, dass die Stadt Lüneburg eine bekannte Nazi-Aktivistin in einem hochsensiblen Bereich, wie der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beschäftigte und weder die Leitungen der betroffenen Einrichtungen noch die Eltern über den politischen Hintergrund der rechten Erzieherin informierte. Erst als dieses Beschäftigungsverhältnis öffentlich geworden ist, handelte die Stadt. Vorher sah sie offentsichtlich keinen Handlungsdruck.

Wenn es der Stadt Lüneburg wirklich mit ihren Resolutionen gegen Rechts ernst wäre, dann hätte sie Birkhild Theißen erst gar nicht einstellen dürfen bzw. schon viel früher entlassen müssen. So wurden über eine lange Zeit neofaschistische Personen und Organisationen finanziell und strukturell unterstützt sowie die Kinder in den Kindertagesstätten Ochtmissen und Marienplatz gefährdet.

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