Antifaschistische Aktion Lüneburg/Uelzen

Zur aktuellen Situation und weiteren Rechtsentwicklung der AfD

Highway to Hell

Die AfD steckt zur Zeit in einer tiefen Krise. Nach ihrem Bundesparteitag Anfang Juli 2015 hat sich die AfD nicht nur ganz offen und noch weiter rechts aufgestellt, sondern der innerparteiliche Richtungsstreit und Machtkampf hat zu Austritten von vielen Mitgliedern und einem Umfragetief geführt. Am 19. Juli 2015 wurde von Bernd Lucke und einigen seiner Getreuen auch noch eine neue Partei gegründet, die sich als alte AfD von 2013 präsentieren will und in Konkurrenz zur AfD des Jahres 2015 treten will.

Auf dem vergangenen Bundesparteitag konnten die beiden rechteren Flügel innerhalb der ohnehin schon rechten AfD den Machtkampf für sich entscheiden und die konservativ-neoliberale Strömung um Bernd Lucke und die Euroabgeordneten Henkel, Kölmel und Trebesius zurück drängen. Auch sie sind mittlerweile alle ausgetreten. Mit der Wahl von Frauke Petry übernahm nun die Strömung die Führung in der Partei, die nationalkonservative bis extrem rechte Ideologieelemente formuliert. Geprägt ist diese Strömung von den Deklassierungsängsten und Abwehrstrategien (“verrohte Bürgerlichkeit”) des Kleinbürgertums in der Wirtschaftskrise. In dieser Strömung finden sich AfD-Funktionär*innen wie Petry, Gauland, Pretzell, Höcke und Poggenburg wieder. Daneben bildet eine andere Strömung die Interessen von klerikal-aristokratischen Netzwerken ab. Zentral ist hier das Kampagnennetzwerk der Zivilen Koalition von Beatrix von Storch, welches die geschlechterpolitisch rückschrittlichen “Demos für alle” in Stuttgart und Hannover organisiert oder an den “Märschen für das Leben” teilnimmt.

Der unterlegene Bernd Lucke, der nun mit der „Allianz für Fortschritt und Aufbruch“ (ALFA) eine Partei gegründet, die die „Gründungspositionen“ der AfD zum Inhalt haben soll. Doch Lucke und eine neue AfD stehen nicht für eine nicht-rechte Partei. Die in der AfD zu Tage getretenen und lautstark formulierten rechten Positionen fanden sich dort immer schon und wurden auch von Bernd Lucke vertreten. Ein Unterschied findet sich vielleicht in der Lautstärke und Deutlichkeit, wie diese jetzt vorgetragen werden. Und was für ein Geist in einer neuen AfD herrschen wird, verdeutlicht die Aversion von Lucke gegenüber „Arbeitern und den kleinen Leuten“. Die AfD und die neue Partei von Lucke waren schon immer elitäre und neoliberale Vereinigungen.

Die aktuellen Auseinandersetzungen in der AfD spiegeln sich auch in den regionalen Strukturen der Partei in Lüneburg wieder. Auch wenn sich die Funktionäre hier mit deutlichen Bekundungen oder Positionierungen zurückhalten, finden sich diese aber dennoch in der Partei. Während der Veranstaltung mit Ulrike Trebesius im Juni 2015 sind sie auch offen zu Tage getreten und es kam zu verbalen Angriffen und Pöbeleien.

Vertreter der unterschiedlichen Strömungen innerhalb der AfD finden sich ebenfalls vor Ort. Eine Abgrenzung von rechten Positionen findet in der örtlichen AfD nicht statt. Ganz im Gegenteil: Sie werden integriert.

Aufgrund der Krise der AfD, fanden zwei Mitgliederveranstaltungen der AfD in Lüneburg statt. Am 15. Juli 2015 lud der Kreisverband seine Mitglieder zu einer Aussprache über die aktuelle Situation ein. An diesem Treffen in der Gaststätte „Adlerhorst“ nahmen rund 20 Personen teil. Darunter nur zwei Frauen.

Für den 19. Juli 2015 lud dann noch der niedersächsische Landesvorsitzende, Paul Hampel aus Wriedel (Landkreis Uelzen), die Mitglieder der Kreisverbände Harburg-Land und Lüneburg / Lüchow-Dannenberg zu einem Regionaltreffen ein. Dies fand wieder in der Gaststätte „Adlerhorst“ statt. An dieser Veranstaltung nahmen nur knapp 20 Personen teil.

Bei den Anwesenden bei beiden Veranstaltungen handelte es sich offensichtlich um die Mitglieder, die in der AfD verbleiben werden. Am 19. Juli 2015 verließ nur eine Person die Veranstaltung mit schnellen Schritten und ohne sich noch zu verabschieden.

Mittlerweile haben zwei Mitglieder des Kreisverbandes Lüneburg / Lüchow-Dannenberg die Partei verlassen und dies auch öffentlich bekundet. Ob weitere Personen aus der Region die AfD verlassen haben, ist zur Zeit noch nicht bekannt. Allerdings waren bei den beiden letzten Veranstaltungen einige Personen, die sonst immer an den Treffen der AfD teilgenommen haben und auch Funktionärsposten inne haben, am 15. und 19. Juli nicht zu sehen.

Die AfD – eine rechte Partei

Angesichts der aktuellen Berichterstattung über die Entwicklung der AfD zu einer offen rechten Partei, versucht sich die Lüneburger AfD in Schadensbegrenzung. Gegenüber der regionalen Presse betonte sie, dass es die Flügelkämpfe vor Ort nicht gäbe. Trotz des Rechtsrucks innerhalb der Partei ist dies für den Stadtverbandsvorsitzenden Gunter Runkel und den Kreisvorsitzenden Ernst-August Röttger kein Grund auszutreten.

Röttger beteuerte gegenüber der Lüneburger Landeszeitung eine angebliche „vernünftige Abgrenzung nach rechts“ und wieß auf Statuten der Partei hin, nach denen keine ehemaligen Mitglieder von NPD oder DVU in der AfD aufgenommen würden.

Dass es mit diesen Beteuerungen nicht so weit her ist, beweist die kurze Geschichte der Lüneburger AfD selbst. Von Anfang an ist der Vertriebenenfunktionär Wilhelm von Gottberg Mitglied im Kreisverband, der durch revisionistische Positionen und antisemitische Äußerungen aufgefallen ist und Verbindungen zu rechten Gruppierungen unterhält. An einer Veranstaltung mit Frauke Petry im August 2013, konnte auch eine Gruppe der rassistischen „Identitären Bewegung“ teilnehmen. Im September 2014 führte die Jungendorganisation der AfD eine homophobe Veranstaltung in Lüneburg durch, zu der die „Junge Alternative“ Anette Schultner und Eckhard Kuhla eingeladen hatte. Anette Schultner war nicht nur Beisitzerin im Landesvorstand der AfD Niedersachsen, sondern auch der sog. „Patriotischen Plattform“ angehörig, einer extrem rechten Strömung in der AfD. Eckhard Kuhla trat immer wieder mit reaktionären, homophoben, und antifeministischen Positionen in Erscheinung. Die stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Susanne Ulber postet auf ihrer Facebookseite eindeutig extrem rechte Videos aus dem Milieu der sog. Reichsbürgerbewegung, eine antisemitische Karikatur und präsentiert sich als Anhängerin von Putin und der russischen Armee. Der Vorsitzende der regionalen „Jungen Alternative“, Stephan Bothe aus Amelinghausen, nahm im Juni 2015 an einer Veranstaltung am Kyffhäuser-Denkmal in Thüringen teil, zum dem die Strömung innerhalb der AfD um Björn Höcke eingeladen hatte. Höcke gilt als Vertreter der Neuen Rechten und steht in der AfD ganz rechts außen.

Außerdem bewegt sich mit Georg Rubin aus Hohnstorf/Elbe ein ehemaliges Mitglied der offen neofaschistischen DVU in der regionalen AfD. Rubin war 2008 Beisitzer im Landesvorstand der niedersächsischen DVU, u.a. mit Jürgen Henke aus Erbstorf/Adendorf, der heute in der NPD aktiv ist. Rubin hat der Mitgliederversammlung der AfD am 19. Juli 2015 teilgenommen. Außerdem besuchte er die Veranstaltungen der AfD mit Ulrike Trebesius am 18. Juni 2015 und eine andere Veranstaltung am 20. Mai 2015.

Die AfD war schon seit ihrer Gründung ein rechtspopulistische Partei und war auch für einige Mitglieder offen neofaschistischer Parteien zur Heimat geworden. Was jetzt als „Rechtsruck der AfD“ bezeichnet wird, ist Ausdruck der Entwicklung der Partei, die auch schon unter Lucke zu beobachten war. Es ist nichts Neues!

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